Der 25.11. ist der Tag gegen Gewalt an Frauen. Der ist dringend nötig, leider. Vor zwei Jahren, am selben Tag, wurden zwei Frauen in Wien und Niederösterreich von ihren Ehemännern ermordet. Tatsächlich vergeht in Österreich kaum ein Monat ohne Mord an Frauen. Diese Verbrechen schaffen es dann auch, mediale Aufmerksamkeit zu erlangen, obwohl sie nur die Spitze des noch viel größeren Eisbergs sind. Häusliche Gewalt ist in Österreich weit verbreitet und findet in fast der Hälfte aller Familien einmal statt.
Sehr gefährlich ist auch die verbale Gewalt gegen Frauen unter Jugendlichen. Ausdrücke wie „ Gehen wir heute Nacht Mädels vergewaltigen“ sind in der Tat im Wortschatz vieler vorhanden und verharmlosen die Misshandlung. Diese Sprüche sind bereits Praxis geworden, wie im Falle einer US-amerikanischen Schülerin, welche von mehreren Mitschülern misshandelt wurde und die Tat ins Internet gestellt wurde. Anstatt dass es von allen Seiten Empörung gibt, wird das Opfer von Vergewaltigungen vielerorts verpönt und als „selbst schuld“ bezeichnet. Das ist kein Phänomen am anderen Ende der Welt, sondern auch in Österreich ein Problem. So erzählen SanitäterInnen und ÄrztInnen von ihren haarsträubenden Erfahrungen: Wird an einem öffentlichen Ort eine bewusstlose Frau gefunden, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie angefasst, ausgezogen und fotografiert wird, höher, als dass die Rettung gerufen wird. Selbstverständlich ist das lebensgefährlich für die Bewusstlose oder Ohnmächtige!
Experimente in Aufzügen und der U-Bahn haben ergeben, dass sich maximal ein Zehntel der Passanten einmischt, wenn ein Mann seine Freundin verbal und körperlich misshandelt. Der Rest dürfte viel zu beschäftigt mit seinem oder ihrem eigenen Problemen sein, komplett isoliert, sodass eine totale Entsolidarisierung das Ergebnis ist.
Warum also werden Frauen und Mädchen nicht nur in Familien, sondern von der ganzen Gesellschaft so geächtet wie es der Kirche vor gut 1000 Jahren gefallen hätte? Die Antwort ist ganz bestimmt nicht: weil die Menschheit schlecht ist. Die Schlechterstellung von Frauen ist ein Zeichen für den allgemeinen Zustand unserer Gesellschaft, welche geprägt ist durch Zukunftsängste, Zwänge, Armut. Als Frustventil braucht es nun eine Gruppe von Menschen, die man noch schlechter behandeln kann, als man ohnehin schon behandelt wird: Frauen, AusländerInnen, Behinderte, Homosexuelle. Menschenhass ist keine Eigenschaft, die per se in Menschen steckt, sondern bedingt wird durch ökonomisches und politisches Versagen, von eigenen Existenzängsten. Alles, was einem der Kapitalismus liefert in Form von Arbeitslosigkeit, Niedriglöhnen, Leistungsdruck, schlechte Schulausbildung und dem ganzen Mist.
Unser Ziel sollte es sein, dem Kapitalismus die Stirn zu bieten und zu zeigen: wir sind solidarisch und respektvoll zu Frauen, kämpfen für ihre Rechte und gegen Gewalt. Wir lassen uns nicht spalten, denn es gilt weder Frauen, AusländerInnen oder sonst wen zu bekämpfen, sondern die Wurzel allen Übels: das System, in dem Menschen weniger wert sind als Geld.