Die herrschenden Ideen einer Zeit waren stets nur die Ideen der herrschenden Klasse.

Karl Marx / Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, 1848

 

Die Widersprüche im Kapitalismus spitzen sich zu

Der gesellschaftlich produzierte Reichtum wächst, während immer mehr Menschen in Armut leben. Die Profite der Unternehmen steigen, wohingegen sich die Arbeitsbedingungen der Menschen verschlechtern. Der gesellschaftliche Umbau, der jeden Lebensbereich dem Kapitalverwertungsprinzip unterordnet, betrifft die Menschen durch seine fast ausschließlich negativen Konsequenzen wie soziale Unsicherheit, gesteigerter Leistungsdruck und existentielle Bedrohung. Dies trifft vor allem junge Menschen: waren vor wenigen Jahrzehnten feste, langfristige Dienstverhältnisse die Regel, muss der Großteil der Jugendlichen heute versuchen, sich mit schlecht oder gar nicht bezahlten Praktika, Volontariaten, befristeter Beschäftigung, Leiharbeit oder Arbeit auf Werkvertragsbasis irgendwie über Wasser zu halten. Die zunehmende Zerstückelung des Arbeitsprozesses lässt immer eniger positive Identifizierung mit diesem zu. Voll von sinnlosen Handgriffen in einem realitätsfernen Regelwerk „entfremdet“ diese „entfremdete“ Arbeit auch die Menschen von sich selbst. Die Produkte ihrer Hände verselbständigen sich und stehen ihnen als fremde Mächte gegenüber – wie die gesamte Gesellschaft nicht als von Menschen geschaffen wahrgenommen wird, sondern als die Menschen beherrschend und unveränderbar. Der Mensch wird vereinzelt, entsolidarisiert, vom Gesellschaftstier zum einsamen Wolf gemacht, ein Phänomen, das Karl Marx „Entfremdung“ nannte.

Doch wieso ist in diesen Zeiten, in denen es mit der kapitalistischen Gesellschaft merkbar bergab geht, der Widerstand gegen diese Tendenzen, die selten so stark waren, so schwach wie nie zuvor? Die Möglichkeit einer anderen, neuen Gesellschaft Soll eine Systemkritik weiter führen als bis zur Erkenntnis, dass „etwas nicht stimmt“ bzw. „in die falsche Richtung läuft“, muss man es wagen einen Schritt weiter zu denken: Wie könnte eine bessere, eine menschlichere Gesellschaft ausschauen? Ist ein anderes System überhaupt möglich? Und schon hat sich das Hirn, das es gewagt hat, diesen Gedanken zu denken, diesen Traum von einer neuen, menschlichen, besseren Gesellschaft zu träumen, in eine potentielle revolutionäre Zelle verwandelt.

Die Lüge vom „einzig möglichen System“

Verständlich, dass die Leute, die von diesem System profitieren, die das große Geld machen und direkt oder indirekt an den Hebeln der Macht sitzen, alles daran setzen, dass eben dieser Gedanke von der Systemalternative niemals aufkommt. Es kann nur (sagen sie), es darf nur (meinen sie ) ein System, nämlich ihr System, geben. Und das System der Kapitalisten ist nun einmal der Kapitalismus.

Karl Marx schrieb in seinem Werk „Die deutsche Ideologie“: „Die Gedanken der herrschenden Klasse sind in jeder Epoche die herrschenden Gedanken, d.h. die Klasse, welche die herrschende materielle Macht der Gesellschaft ist, ist zugleich ihre herrschende geistige Macht.“ Er meint damit, dass die Mächtigen notwendigerweise ihr partikulares Interesse, nämlich den Fortbestand des Kapitalismus, als das allgemeine Interesse der Gesellschaft darstellen müssen, wenn sie ihre Herrschaft erhalten wollen. Ihre eigenen Vorstellungen trichtern sie uns kraft ihrer Medienmacht und ihren Disziplinierungsinstitutionen (von Schulen über die Kirche bis zu ihren Gefängnissen) ein. Mit ihren eigenen Illusionen über sich selbst und die gesellschaftlichen Verhältnisse versuchen sie unsere Sicht auf die Dinge zu verklären. Sie speisen uns mit falschem Bewusstsein.

Ideologischer Klassenkampf

Die kapitalistischen Verhältnisse lassen Wünsche, Vorstellungen, Bedürfnisse etc. entstehen, die sie versprechen zu erfüllen. Erfüllt werden sie schließlich aber nur für diejenigen, die es sichleisten können – der Rest muss sich mit Bildern aus dem Fernsehen begnügen. Wie können aber die Herrschenden trotz der Ungerechtigkeiten das bestehende System als das beste, ja sogar das einzig
mögliche System inszenieren? Wo und wie findet dieser „ideologische Klassenkampf von oben“ statt, wie funktioniert diese „Ideologieproduktion“, die den Menschen eine allgemeine Zustimmung zu den gesellschaftlichen Verhältnisse abringt?

…Früher (und teilweise leider auch noch heute) war die Religion und ihre institutionelle Vertretung, die Kirche, der herrschenden Klasse sehr dienlich, indem die Menschen ihre Sorgen und Wünsche in den Himmel projizierten, anstatt die Probleme im Diesseits zu erkennen und zu beseitigen.

…Heute sind es die Massenmedien und die Kulturindustrie, welche die goldenen Hallen und Heiligenstatuen der Kirche durch schnelle Autos, große Brüste, leistungsstarke Computer und teure Kleidung ersetzt haben. Ziel ist es, für Entpolitisierung, Passivität und Unbildung bzw. Verblödung sorgen und durch pseudowissenschaftliche Propaganda die Lüge vom „einzig möglichen System“ stützen.

Kulturindustrie

Jegliche Kultur entstand aus dem gesellschaftlichen Leben heraus und ist verankert in der Gesellschaft, aus der sie kommt. Somit hat Kultur natürlich einen Bezug zu Klassen: sie ist Ausdruck einer Klasse, Formulierung eines Klasseninteresses und dadurch natürlich tief politisch. Die herrschende Klasse lässt nichts unversucht, jeglicher Kultur den Giftzahn zu ziehen, sie ihres politischen Elements zu berauben, damit ja nicht Systemkritik vermittelt werden kann, damit die von ihr ausgebeutete Klasse darin nur ja nicht ihr Klasseninteresse äußern kann. Im selben Augenblick kämpft sie um die Vormachtstellung der von ihr getragenen und geformten Kultur.

Schauen wir uns das Beispiel Musik an. Sei es HipHop/Rap als Ausdrucksmittel und Protestform der schwarzen als der vielfach verarmten, ausgegrenzten und entrechteten Bevölkerungsschicht der USA, oder Punk als Protestmusik der anglo-amerikanischen und bald auch kontinental-europäischen jungen ArbeiterInnenklasse: Beide sind zu Marketing-Schmähs verkommen, werden von Kapitalisten benutzt um der Jugend Geld aus der Tasche zu ziehen. Politische Inhalte, wie Kritik an Aristokratie oder rassistischer Polizeipraxis, sind zu einem großen Teil durch Lobgesänge auf sexistische Stereotypen, Geld, Partys etc. ersetzt worden.

Die Radiosender fühlen sich gezwungen, das zu spielen, was die Musikkonzerne als populär diktieren und treiben somit die Teufelsspirale von Entpolitisierung – Verblödung – Kommerzialisierung ordentlich an.

Auch im Sport, z.B. Fußball, dem „Ballett der ArbeiterInnenklasse“, erkennen wir dieselbe Tendenz. Das Fußballstadion war ein Ort, an dem sich die ArbeiterInnen am Wochenende an ihren Chefs rächen konnten, wenn der ArbeiterInnenverein den KapitalistInnen-Verein vom Platz schoss. Politik und der Zusammenhalt der ArbeiterInnenklasse haben also immer schon mit zum Spiel dazugehört. Wenn wir heute vom „modernen Fußball“ sprechen, müssen wir einsehen, dass hier die Kapitalisten schon vor dem Spiel gewonnen haben. Es ist zu einem durchreglementierten und kommerzialisierten Spektakel verkommen, wo Sponsoren bestimmen und Fans zu Konsumenten degradiert werden.

Medien

Die Krise des Kapitalismus geht einher mit der Krise seiner Medien. In wenigen Bereichen treten die Widersprüche der heutigen Gesellschaftsordnung offener zutage. Waren die Losungen „Pressefreiheit“ und „Recht auf freie Meinungsäußerung“ früher unhintergehbarer Bestandteil der aufstrebenden bürgerlichen Klasse im Kampf gegen die feudalistische Zensur, so zeigte sich schon bald der Klassencharakter dieser Forderungen. Frei geäußert werden sollten das Recht auf Privateigentum an Produktionsmitteln oder die Lehre vom Nachtwächterstaat. Auf gar keinen Fall jedoch die Positionen der für eine andere Gesellschaftsordnung kämpfenden ArbeiterInnenbewegung. Zwar gelang es dieser und anderen unterdrückten Klassen und Schichten immer wieder, eigene Medien zu etablieren, doch nur nach harten Kämpfen konnten sich diese gegen jene kapitalstarker Medienmagnaten behaupten.

Am deutlichsten kommt die völlige Konformität der führenden Massenmedien mit den herrschenden Verhältnissen bei der Programmgestaltung bei den sogenannten öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Rundfunkanstalten zum Ausdruck, die fast keinen Unterschied mehr zu jener der Privatsender aufweist. Sprachkurse, wie sie noch vor 20 Jahren aus dem Vormittagsprogramm des ORF nicht wegzudenken waren, Senderaum für politische Diskussionen abseits des von Krone-Schlagzeilen dominierten Medienalltags, subversive Programmelemente im Sinne der Beginnära von FM4 – all dies musste dem „Quote“ genannten goldenen Kalb der Medienlandschaft geopfert werden.

Damit erfüllen die Massenmedien mit ihrer Themensetzung, Meldungsselektion und durch die Wahl ihrer Unterhaltungsformate eine nicht zu unterschätzende Funktion für die Aufrechterhaltung des kapitalistischen Gesellschaftssystems. Besonders augenscheinlich zeigen dies auch die großen Männer- und Frauenmagazine, deren Themenwahl (Golf GTI, Super-Sixpack, Geld bzw. Mode,
Diäten, Kochrezepte, Männer) nur der Festschreibung von Rollenbildern und Einzementierung der sozialen Verhältnisse dient, anstatt durch eine progressive Berichterstattung die Missstände unserer Welt auf- und anzugreifen.

Für Österreich mit seinem nahezu monopolartig organisierten Printmediensektor stellt die Frage der Medien eine politische Herausforderung auch für uns KommunistInnen KommunistInnen dar. Die „Neue Kronen Zeitung“ ist mit einem Marktanteil von weit über einem Drittel im Verhältnis zur Bevölkerung die auflagenstärkste Tageszeitung der Welt und übt damit gehörigen Druck auf alle Vertriebs- und Druckstrukturen aus. Sie nimmt damit zusammen mit ihren Tochterblättern („Kurier“, etc.) de facto eine Monopolstellung ein, die es ihr wiederum ermöglicht, die öffentliche Meinung im Geiste der kapitalistischen Ordnung zu beeinflussen. Im Bereich der Wochenzeitungen zeigt sich mit der „Formil“- Gruppe (Format, Profil, TV-Media) ein ähnliches Bild.

Insofern kann es nur als Verhöhnung empfunden werden, wenn sich Mainstream-Medien mit dem Etikett „Unabhängig“ schmücken, während ihre Inhalte und ihre Themenauswahl von Monopolkapitalisten diktiert werden, dessen Einfluss auf ihrer Funktion als Eigentümer oder zahlungskräftige Inserenten fußt.

Die Ausprägung alternativer Informations- und Kommunikationskanäle ist daher für junge KommunistInnen unerlässlich! Denn trotz der Indienstnahme der neuen Medien, insbesondere des Internets, durch die Kapitalistenklasse, eröffnen sich durch sie ungeahnte Möglichkeiten der demokratischen Mitbestimmung. Gemeint ist damit eine neue Kultur des gesellschaftlichen Austausches, der die Chance bietet, das Meinungsmonopol der Herrschenden zu durchbrechen und sich international zu vernetzen.