Ich bin davon überzeugt, dass es nur einen Weg gibt, dieses Übel loszuwerden, nämlich den, ein sozialistisches Wirtschaftssystem zu etablieren… In solch einer Wirtschaft gehören die Produktionsmittel der Gesellschaft selbst und ihr Gebrauch wird geplant.

Albert Einstein: Warum Sozialismus?, 1949

Ein Plädoyer

Aufgrund der heutigen Entwicklung der Wissenschaft, Technik und Produktivkräfte könnte eine Gesellschaft ohne Hunger, Ausbeutung, Krieg und Unterdrückung errichtet werden. Was dieser Entwicklung im Wege steht, sind die kapitalistischen Produktionsverhältnisse, also der Widerspruch zwischen vergesellschafteter Produktion und privater Aneignung. Ein Widerspruch, der auf der einen Seite Zerstörung, Elend und Krisen verursacht, andererseits jedoch die Kräfte und Bewegungen hervorruft, die auf eine revolutionäre Überwindung des Kapitalismus drängen.

Bei einer sinnvollen und planmäßigen Nutzung der heutigen Entwicklung der Technik und der Produktivkräfte könnte genug Nahrung für die gesamte Menschheit produziert und die notwendige Arbeitszeit massiv verkürzt werden. Ebenso könnten entscheidende Schritte gegen die Unterentwicklung in großen Teilen der Welt gesetzt werden. Was einer rationalen und an den Bedürfnissen der Menschen orientierten Nutzung der modernen Produktivkräfte im Wege steht, ist das kapitalistische System, dessen Motor das Erzielen von Profit ist.

Unser langfristiges Ziel ist die kommunistische Gesellschaft, eine Gesellschaft ohne Ausbeutung, ohne Staat, ohne Klassen, in der alle nach ihren Bedürfnissen konsumieren und nach ihren Fähigkeiten arbeiten. Es liegt jedoch auf der Hand, dass nach dem Sturz des Kapitalismus diese kommunistische Gesellschaft nicht von einem Tag auf den anderen errichtet werden kann. Wir gehen viel mehr davon aus, dass eine längere Übergangsperiode zwischen dem Sturz des Kapitalismus und dem Endziel der kommunistischen Gesellschaft notwendig ist. Diese  Übergangsgesellschaft ist der Sozialismus.

Die Notwendigkeit dieser Übergangsgesellschaft hat mehrere Gründe. Beispielsweise ist es erforderlich, dass der Staat auch nach der Revolution bestehen bleibt. Jedoch nicht als Instrument der bürgerlichen Klasse, sondern als revolutionärer Staat, der nicht die Herrschaft einer Minderheit über die Mehrheit begründet, sondern dem Willen der Mehrheit Geltung verschafft. Eine zentrale Aufgabe dieses Staates ist einerseits die Verteidigung der revolutionären Errungenschaften gegenüber Kräften, die den Kapitalismus wiederherstellen wollen. Zum anderen geht es darum, eine planmäßige und gesamtgesellschaftliche Produktion aufzubauen. Ebenso dient der revolutionäre Staat dazu, demokratische Entscheidungen auf allen Ebenen zu entwickeln und zu gewährleisten.

Der Sozialismus darf dabei nicht als widerspruchsloser Einheitsbrei gefasst werden. Es gibt auch im Sozialismus Widersprüche, die als Quelle und Triebkraft jedweder Bewegung dienen: soziale, zwischen den Geschlechtern, zwischen Ethnien und Nationen, zwischen Bevölkerung und Staat, zwischen regionalen und gesamtgesellschaftlichen Interessen, zwischen den Bedürfnissen der Menschen und den Möglichkeiten, sie zu befriedigen. Nicht alle Arten von Widersprüchen sind dabei als „Muttermale“ der überwundenen Gesellschaftsordnung zu begreifen. Auch im Sozialismus ist Fortbewegung nur auf dem Weg der Entstehung und Lösung von Widersprüchen möglich. Fortschritt äußert sich nicht in Widerspruchslosigkeit, sondern in zunehmender Fähigkeit, den angestrebten Zwecken in den Ergebnissen näher zu kommen. Gerade die bisherigen Anläufe zum Sozialismus haben gezeigt, dass Widersprüche nicht per Dekret abgeschafft werden können, sondern in einem langfristigen Prozess ausgetragen werden müssen.

Wege zum Sozialismus

Wer konsequent für Demokratie und Frieden, für die Rechte der Jugend und der arbeitenden Bevölkerung eintritt, wird bald an die Grenzen des kapitalistischen Systems stoßen. Immer mehr Jugendliche machen diese Erfahrung und wenden sich daher revolutionären Organisationen wie der KJÖ zu. Dennoch übersehen wir nicht: die Revolution steht heute nicht auf der Tagesordnung, die Lage für die kommunistische Weltbewegung ist eine besonders schwere. Der Weg aus dem Kapitalismus kann für die revolutionäre Bewegung weder in einem grenzenlosen Pragmatismus noch in theoretischer Abgehobenheit bestehen, sondern in einer Verbindung von revolutionärer Theorie und Praxis. Eine zentrale Rolle dabei spielt der wissenschaftliche Sozialismus, dessen Grundlagen von Karl Marx, Friedrich Engels, Wladimir Iljitsch Lenin und anderen entwickelt wurden. Eine sinnvolle Perspektive des Sozialismus hat als Voraussetzung die Analyse der Triebkräfte der heutigen Gesellschaft sowie die Auseinandersetzung mit den Erfahrungen und Errungenschaften der Pariser Kommune,  der sozialistischen Oktoberrevolution, des kommunistischen Weltsystems und aller anderen revolutionären Klassenkämpfe.

In einem langfristigen Prozess wollen wir so, verbunden mit unserer praktischen Arbeit, mehr und mehr Menschen die Notwendigkeit des Sturzes der kapitalistischen Ausbeuterordnung vor Augen führen. In der Schule und im Betrieb, in den Gewerkschaften und Universitäten versuchen wir, die jugendliche und arbeitende Bevölkerung in tagtägliche Kämpfe für die Verteidigung und Erweiterung ihrer Rechte einzubeziehen. Unter den Bedingungen des Imperialismus werden immer mehr Menschen bereit, sich in diesen Kampf einzureihen, da immer mehr Menschen unter der Herrschaft des Monopolkapitalismus leiden. Jede ernsthafte Demokratisierung und soziale Errungenschaft kann heutzutage nur in Konfrontation mit der Macht des Monopolkapitals erkämpft werden. Wichtig für eine revolutionäre Organisation ist die Verbindung dieser Kämpfe mit dem Ziel des Sturzes des Kapitalismus. Jede soziale und demokratische Errungenschaft, die gegenüber der geballten Macht der Konzerne und des Staates erkämpft wird, ist auch ein Schritt in Richtung Sozialismus. Einerseits werden so die Kampfbedingungen verbessert und andererseits wächst das Bewusstsein von der Notwendigkeit einer gemeinsamen, klassenbewussten Orientierung und die Grenzen von Verbesserungen im Kapitalismus werden sichtbar.Oder wie es Karl Marx auf den Punkt brachte: „die Klasse an sich [wird] zur Klasse für sich“.

Reform und Revolution

Da in den höchstentwickelten kapitalistischen Gesellschaften revolutionäre Brüche – soweit voraussehbar – nicht auf der Tagesordnung stehen, kommt wohl dem Reformkampf in der Gegenwart ein höherer Stellenwert zu als in vergangenen Perioden. Zudem sind wir heute mit globalen (nicht zuletzt ökologischen) Problemen konfrontiert, deren Milderung und Begrenzung, partiell auch Lösung, nicht einfach auf postkapitalistische Zeiten verschoben werden kann. Diese Aufwertung der Rolle des Reformkampfes bringt die Notwendigkeit einer Ausdifferenzierung verschiedener Reformtypen mit sich: zum traditionellen Kampf um eine Verbesserung der Arbeits-, Lebens- und Kampfbedingungen, sowie jenem um antimonopolistische Strukturreformen, tritt ein neuartiger, bisher analytisch kaum durchdrungener Typus des Reformkampfes hinzu, den gering zu schätzen geradezu selbstmörderisch wäre.

Bei aller Wichtigkeit von Reformen darf dabei die Dialektik von Reform und Revolution nicht unbeachtet bleiben. Der Kampf um Reformen ist in ein Konzept der Übergänge zum Sozialismus zu integrieren. Gerade im Zuge des Ringens um antimonopolistische, soziale, ökologische Reformen können Einsichten in die Grenzen des Kapitalismus, wie der Notwendigkeit seiner revolutionären Überwindung erst massenhaft erwachsen.

Wird dieses Verhältnis von Kampf um Reformen und Heranführen an eine prinzipielle Umwälzung der Gesellschaft ausgeblendet, können Reformen, auch wenn sie etwa partielle Besserstellungen mit sich bringen, zu einer Vernebelung von Klassenbewusstsein oder Integration in die kapitalistische Gesellschaft führen und erfüllen dann gerade systemstabilisierende Funktionen ( wie etwa die sozialpartnerschaftlichen Zugeständnisse der 60er und 70er Jahre). Der Weg zum Sozialismus kann also weder nur als eine endlose quantitative Aneinanderreihung von Reformen gedacht werden, noch als ein plötzlicher abstrakter Bruch.

Es bedarf der Ausarbeitung einer revolutionären Strategie, die aus der Orientierung auf Umwälzung des Staates und der Eigentumsverhältnisse und daher des gesamten gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Lebens konzipiert wird.

Der revolutionäre Bruch

Es kann mit Sicherheit vom heutigen Standpunkt aus keine detaillierten Beschreibungen darüber geben, in welcher Weise und in welchen Konstellationen sich ein revolutionärer Bruch mit dem Kapitalismus vollziehen wird. Trotzdem können anhand der heutigen Triebkräfte und Widersprüche und anhand erfolgreicher und gescheiterter Anläufe zum Sozialismus Maßstäbe an zukünftige Entwicklungen angelegt werden.

Obwohl gerade in Bezug auf entwickelte Industriegesellschaften die revolutionäre Umgestaltung sich bei realistischer Betrachtung nicht als einmaliges Ereignis, sondern in mehreren Brüchen und Etappen entwickeln wird, so gibt es in einer revolutionären Situation letztendlich nur den Weg in Richtung Sozialismus oder eine Rückkehr zum Kapitalismus. Um den Sozialismus aufzubauen, sind entscheidende Umwälzungen in den Macht- und Eigentumsverhältnissen erforderlich. Der bürgerliche Staat, also die politische Herrschaft der KapitalistInnen, muss zerschlagen und die politische Macht von der Arbeiterklasse ergriffen werden sowie die wesentlichen Produktionsmittel (Transportwesen, Konzerne, Banken etc.) enteignet und in gesamtgesellschaftliches Eigentum überführt werden.

Eine viel diskutierte Frage in der kommunistischen, linken und Arbeiterbewegung ist die Rolle der Gewalt in einer Revolution. Jeder Staat ist immer gewaltausübendes Organ, da er Ausdruck der Klassenwidersprüche in einem Land ist. Die sozialistische Revolution bedeutet nicht einfach die Ablösung einer Regierung des kapitalistischen Staates durch eine andere, sondern die Zerschlagung des kapitalistischen Macht- und Staatsapparates, die Enteignung der Kapitalistenklasse und vor allem der Monopolkonzerne und die Ergreifung der Staatsmacht durch die arbeitende Bevölkerung. Die bürgerliche Staatsmacht zu brechen und die revolutionären Errungenschaften nach innen und außen zu verteidigen, wird auch in Zukunft notwendiger Bestandteil revolutionärer Umbrüche sein. Dies schließt aber keinesfalls einen friedlichen Verlauf einer Revolution aus. Ganz im Gegenteil: über je mehr potentielle Gewalt die Arbeiterklasse mit ihren Verbündeten verfügt, umso wahrscheinlicher ist ein friedlicher Verlauf der Revolution, da ihr die Kapitalisten weniger Widerstand entgegensetzen können. Jedoch haben wir aus der Geschichte gelernt, dass der Kapitalistenklasse keine Grausamkeit zuwider ist, um ihre Ausbeuterordnung aufrechtzuerhalten bzw. wiederherzustellen.

Unter heutigen Verhältnissen ist eine weltweite Abrüstung eine zentrale Grundbedingung für die Möglichkeit von umfassenden sozialistischen Umbrüchen vor allem in den Metropolen geworden, da der Einsatz von Atomwaffen in den Händen von reaktionären Kräften nur dann unmöglich wird, wenn diese durch Abrüstung beseitigt sind.

Sozialismus und heutige Bewegungen

Nach dem Zusammenbruch des Sozialismus in der Sowjetunion verschoben sich die Kräfteverhältnisse zweifellos zu Gunsten des Imperialismus und brachten für viele kapitalismuskritische Kräfte und sozialistische Bewegungen eine Krise mit sich. Trotzdem existieren heute eine Reihe von wachsenden Kräften und Bewegungen, die sich dem Imperialismus und den kapitalistischen Strukturen entgegensetzen.

Gerade in den imperialistischen Zentren ist die globalisierungskritische Bewegung eine wichtige Kraft. Die Forderung nach einer internationalen Umverteilung von den großen Konzernen zur breiten Masse der Bevölkerung ist angesichts der Steuerparadiese des Monopolkapitals besonders aktuell. Ebenso ist das in vielen Ländern und auch international entstehende Zusammenwirken von Gewerkschaften, linken Parteien und sozialen Bewegungen ein notwendiger Schritt, um wichtigeForderungen in Zukunft auch durchsetzen zu können. In Zeiten einer vermehrten Krisenhaftigkeit des Kapitalismus nimmt auch der Protest gegen dieses ineffiziente und verbrecherische System an Bedeutung zu. Hierbei sehen wir es als unsere Aufgabe einen aktiven Bestandteil dieser Bewegung auszumachen. Und zwar im Gegensatz zu den Organisationen, die den lediglich den „Neoliberalismus“ verdammen und sich von Schwärmen kapitalistischer Heuschrecken verfolgt fühlen. Wir müssen unsere Grundsätze basierend auf einer entschlossenen und fundierten Kapitalismuskritik zu entwickeln, um klar zu machen, dass wir dieses System nicht retten können, sondern überwinden müssen.

Gerade in diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass die heutigen Auseinandersetzungen nicht auf der Ebene reiner Verteidigungskämpfe verharren, sondern vielmehr für Verbesserungen und realen Fortschritt gekämpft wird, was in Bezug auf Europa jedoch erst in Ansätzen erkennbar ist. Wir KommunistInnen sind Teil dieser Bewegung und versuchen sie mit allen Mitteln zu unterstützen, ohne zu vergessen oder zu übersehen, dass es sich dabei um eine sehr heterogene Bewegung aus unterschiedlichen Zugängen und mit unterschiedlichen Zielen handelt. Neben dem Anwachsen der globalisierungskritischen Bewegung kommt es auch zur Herausbildung von neuen antiimperialistischen Kräften an der kapitalistischen „Peripherie“, vor allem in Afrika und Lateinamerika: In vielen dieser Länder ist der Kampf um soziale und demokratische Rechte verbunden mit der Durchsetzung elementarer Rechte der Selbstbestimmung gegenüber den imperialistischen Zentren. In einigen Ländern sind Durchbrüche in Richtung Sozialismus bereits in näherer Zukunft vorstellbar. Besonders hervorzuheben wäre hier Venezuela. Die „Bolivarische Revolution“ in ihrer derzeitigen Phase wird von der Kommunistischen Partei Venezuelas (PCV) als „demokratische, antiimperialistische Volksrevolution zur nationalen Befreiung, die auf dem Weg zum Aufbaus des Sozialismus voranschreitet“ bezeichnet. Am Beispiel Venezuelas lässt sich dabei vor allem sehen, dass die spezifische Form der Übergänge zum Sozialismus auch abhängig ist von den nationalen und kulturellen Traditionen eines Volkes. Das nationale Element muss dabei nicht zwingend eine reaktionäre Rolle spielen, sondern die nationale Frage kann – wie  insbesondere Lenin und Gramsci nicht müde wurden zu betonen – durchaus die Rolle eines Katalysators im revolutionären Prozess spielen, ja sogar eines seiner Hauptmomente darstellen. So benennt etwa die PCV als wichtigsten Widerspruch, den der revolutionäre Prozess in Venezuela derzeit lösen muss, den Antagonismus zwischen venezolanischer Nation und US-Imperialismus.

Insgesamt ist mit dem bolivarischen Staatenbündnis ALBA und der Gründung der Banco del Sur eine antiimperialistische Bewegung im Entstehen begriffen, welche sich gegen die hegemonialen Interessen der USA in Lateinamerika zu Wehr setzt. Neben den zahlreichen und sehr unterschiedlichen linken Projekten Lateinamerikas gibt es nach wie vor Länder, die den Weg in Richtung Sozialismus eingeschlagen haben, wie z.B. Cuba. Zwar sind die Bedingungen und die Konzepte in diesen Ländern sehr unterschiedlich und in unserer Organisation haben unterschiedliche Meinungen zu etlichen Aspekten dieser Frage ihren Platz.

Dennoch sind wir solidarisch mit der grundlegenden Intention ihrer Politik, nämlich trotz vieler Schwierigkeiten einen Entwicklungsweg einzuschlagen, dessen Ziel eine entwickelte sozialistische Gesellschaft ist. Eine plumpe Verdammung der realsozialistischen Staaten heute ist in Bezug auf die internationale Solidarität für uns genauso wenig richtig wie das Abnicken oder „Übersehen“ von Fehlern im sozialistischen Aufbau.

Historische Bemerkungen

Die Geschichte hat gezeigt, dass selbst eine erfolgreiche Revolution und der begonnene Aufbau der sozialistischen Gesellschaft kein Garant für den Sieg des Sozialismus sind. Imperialistische Mächte haben stets versucht, revolutionäre Entwicklungen mit allen Mitteln, darunter auch militärische Gewalt, zu verhindern. Aber auch innere Fehlentwicklungen und Fehlentscheidungen waren gerade in Bezug auf die Sowjetunion maßgeblich für die Restauration des Kapitalismus verantwortlich. Aus unserer Sicht ist es erforderlich, sowohl Errungenschaften als auch Fehlentwicklungen zu berücksichtigen. Zum einen hat die Oktoberrevolution wie kaum ein anderes Ereignis die Geschichte des 20. Jahrhunderts geprägt. Zum ersten Mal in der Geschichte wurde längerfristig die Macht der Kapitalisten gebrochen und der Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft in Angriff genommen. Damit verbunden entwickelte sich die Kommunistische Internationale, die das Entstehen einer kommunistischen Weltbewegung ermöglichte. Bleibende Verdienste der sozialistischen Staaten sind die opferreiche Befreiung Europas vom Faschismus, ihr entscheidender Anteil am Ende des Kolonialsystems sowie Bemühungen um weltweite Abrüstung und Friedenspolitik. Trotz wirtschaftlicher Probleme sowie innerer und äußerer Bedrohung konnten auch innerhalb der sozialistischen Staaten grundlegende soziale Errungenschaften erreicht werden, wie das Recht auf Arbeit, Bildung, Kultur und Wohnung; Rechte, die heute in den entwickeltsten kapitalistischen Staaten keinesfalls gegeben sind.

Unter dem Druck der imperialistischen Staaten, die alles daran setzten, dem Sozialismus ein Ende zu bereiten, entwickelten sich die Möglichkeiten der Bevölkerung auf demokratische Einflussnahme nur auf ungenügende Weise. In wirtschaftlicher Hinsicht führte das Abgehen von einer wissenschaftlichen Wirtschaftsplanung, dass die Herausforderungen der neuen wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen nicht bewältigt werden konnten. Trotz dieser strukturellen Schwächen, die dazu führten, dass die Menschen den Sozialismus nicht mehr als die bessere Gesellschaftsordnung ansahen, trifft die entscheidende Schuld am Niedergang die Führung der KPdSU unter Gorbatschow, die unter dem Deckmantel der Erneuerung die Wiederherstellung der Kapitalismus anstrebte und auch durchsetzte. Eine Lehre aus der Geschichte ist, dass die allseitige Einbindung der Menschen in alle Belange des sozialistischen Staates unabdingbar ist.

Entwicklungsperspektiven des Sozialismus

Von Bedeutung ist auch die völlig neue Art der Arbeit in der entwickelteren sozialistischen Gesellschaft, d.h., dass die Arbeit nicht mehr entfremdet ist. Sie ist also nicht mehr Element der Verkümmerung und Knechtung des Menschen ist, sondern Mittel seiner Entfaltung. Es sind nicht mehr die Produktionsmittel, welche die ArbeiterInnen anwenden, sondern die ArbeiterInnen, die bewusst und planmäßig die Produktionsmittel anwenden. Ebenso neu ist die Qualität der Demokratie im Sozialismus, da sich nämlich demokratische Entscheidungen nun auch auf dem Gebiet der Ökonomie/Produktion/Distribution entfalten können und auch auf dem gesamtgesellschaftlichen Bereich das Kapitalinteresse als Haupthindernis der Demokratie wegfällt. Dabei gibt es eine Vielfalt von Möglichkeiten, wie sich sozialistische Demokratie entfalten kann, z.B. direkte Demokratie, Räte, Komitees, Zirkel etc. Erkämpfte demokratische Errungenschaften sind natürlich im Sozialismus weiterzuführen, wobei insbesondere die bürgerliche Demokratie, die auch eine Klassenherrschaft darstellt, im Sozialismus aufgehoben wird. Das heißt, dass in einer neuen Qualität von Demokratie fortschrittliche Elemente weitergeführt, vom Kapitalismus verzerrte Entwicklungen beseitigt sowie völlig neue Formen von Demokratie entstehen werden.

Natürlich ist der Sozialismus noch lange mit den „Muttermalen“ (Karl Marx) der alten Gesellschaft behaftet. Auch im Sozialismus wird es etliche Widersprüche geben, z.B. ökonomische, nationale, geschlechtsspezifische, ethnische, politische Widersprüche. Erst durch einen Generationen andauernden Lern- und Entwicklungsprozess können Erscheinungen wie Rassismus, Sexismus und Konkurrenzdenken überwunden werden, da ihnen im Sozialismus die ökonomische Grundlage entzogen wird.

Der Aufbau des Sozialismus hat epochale Bedeutung, da die Menschen nun erstmals in Kenntnis der gesellschaftlichen Wirkungszusammenhänge das gesellschaftliche Leben planen und lenken können und sich die gesellschaftlichen Entwicklungsgesetze nicht blind und destruktiv durchsetzen. Somit tritt die Menschheit also aus ihrer Vorgeschichte heraus- und in ihre wirkliche Geschichte ein. Das sozialistische System hat die Potenzen zur grundlegenden Lösung des Ökologieproblems, zur Lösung der Kriegsgefahr, zur Beseitigung der Tendenz, dass vier Fünftel der Weltbevölkerung systematisch von moderner Bildung und Wohlstand ausgeschlossen werden. Für die Jugend beinhaltet der Sozialismus die Perspektive, in einer Gesellschaft aufzuwachsen, die nicht von Ausbeutung und deren verschiedenen Erscheinungsformen und Strukturen geprägt ist, sondern die auf Gleichberechtigung und Frieden beruht.

Ziel des Sozialismus ist es, die Klassengesellschaft und damit den Staat als Herrschaftsinstrument einer Klasse restlos zu beseitigen, um eine Gesellschaft zu schaffen, in der aufgrund planmäßiger Steigerung der Produktion im Überfluss gelebt werden kann. Eine Gesellschaft, in der die Herrschaft von Menschen über Menschen der Verwaltung von Sachen weicht und in der jeder nach seinen Fähigkeiten arbeitet und nach seinen Bedürfnissen konsumiert – den Kommunismus.