Auf Grund der Erschütterung des kapitalistischen Systems und der Verschärfung des Klassenkampfes geht die Bourgeoisie zu neuen, reaktionären Kampfmethoden über, zu den Methoden der Faschisierung des Staatsapparates.

Ernst Thälmann: Die Krise des Kapitalismus in Deutschland, in: Ausgewählte Reden und Schriften, 1976.

 

Faschismusdefinition

„Faschismus an der Macht […] ist […] die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.“ Diese Grundbestimmung des Faschismus durch Georgi Dimitroff aus dem Jahr 1935, die in bis heute unübertroffener Form die Wesensmerkmale des Faschismus prägnant zusammenfasst, bildet den immer noch gültigen Kern der marxistisch-leninistischen Faschismustheorie. Eine Charakteristik des Faschismus, wie sie in die Definition Dimitroffs eingeflossen ist, kann allerdings immer nur auf ganz bestimmte, wesensmäßige Züge eines Gegenstandes hinweisen, ohne ihn zur Gänze abzubilden. Bei der Dimitroffschen Faschismusdefinition handelt es sich um eine solche Definition, welche die substantiellsten Merkmale reflektiert, die den Faschismus als Faschismus ausmachen. Faschismus ist demgemäß die offen terroristische Klassendiktatur der reaktionärsten Teile des imperialistisch agierenden Finanzkapitals. Es ist dies nichts anderes als die Diktatur des Kapitals über die Arbeiterklasse.

Ziele, Funktionen, Methoden des Faschismus

Dimitroffs Theorie systematisiert in trefflicher Weise die Grundzüge des Faschismus: Die faschistische Herrschaft ist die offene terroristische Herrschaftsform der Durchsetzung der Kapitalinteressen, sie ist nicht mehr eine versteckte und gemäßigte wie im bürgerlichen Parlamentarismus. Die oberste (politische) Zielsetzung des Faschismus ist damit die völlige Vernichtung, nicht allein die Unterdrückung der revolutionären Arbeiterbewegung bzw. der Arbeiterbewegung überhaupt. Dies entspricht der Betonung des Reaktionären bei Dimitroff. Der Kapitalismus ist natürlich immer reaktionär, das heißt er richtet sich immer gegen die Interessen der Arbeitenden und als Arbeitende Ausgebeuteten. Sind diese in Krisenzeiten jedoch nicht mehr durch sozialpartnerschaftliche oder parlamentarische Methoden zu befrieden, so kommt der antidemokratische und repressive Wesenszug des Kapitalismus voll zum Tragen.

In diesem Sinne ist das den Faschismus tragende Finanzkapital auch besonders chauvinistisch, das heißt es maximiert die nationale Unterdrückung, appelliert an den niveaulosesten Nationalismus und impliziert oft rassistische Elemente. Das eigene Volk ist in dieser Logik im Vergleich zu anderen, unterworfenen oder zu unterwerfenden Nationen das am wenigsten ausgebeutete – ausgebeutet wird es aber in jedem Fall. Chauvinismus und Rassismus haben damit im Faschismus eine ideologiestiftende Funktion (Schuldzuweisung durch Stereotypisierung, Verschiebung des Klassenantagonismus auf die Ebene des Biologischen), gehen jedoch auch darüber hinaus: die überwiegende Teile der Kapitalistenklasse im deutschen und italienischen Faschismus waren selbst Chauvinisten, Rassisten und Antisemiten, da diese Ideologie ihrem aggressiven Expansionsstreben am Nachdrücklichsten entsprach. Als Rassisten haben sie jedoch niemals ihren fundamentalsten kapitalistischen Interessen zuwider gehandelt, sondern umgekehrt die rassistische Ideologie nahtlos in ihr Expansionsstreben integriert. Der Faschismus ist damit nicht nur besonders reaktionär und chauvinistisch, sondern auch besonders imperialistisch. Er steht für Aggression nach außen, für Militarismus und Krieg, letztlich auch im Sinne des imperialistischen Kampfes um die globale Hegemonie, wenn er über die dafür nötigen Mittel verfügt – die deutschen und italienischen Faschisten haben diesen Weltherrschaftsanspruch auch offen formuliert.

Wesensinhalt des Faschismus: sein Klassencharakter

Die nicht-marxistisch-leninistischen Theorien bestimmen den Klassencharakter der faschistischen Bewegung und faschistischen Regime gewöhnlich nach der sozialen Zusammensetzung ihrer Massenbasis und ihrer Führungskader sowie nach ihrer Ideologie bzw. ihren Propagandalosungen. Dementsprechend gelangen sie zu dem Ergebnis, der Faschismus sei eine Bewegung bzw. eine  Diktatur der abstiegsbedrohten Teile des Mittelstandes und des sogenannten Lumpenproletariats und Ähnliches. Der marxistischleninistische Faschismusbegriff dagegen geht davon aus, dass die  einzig mögliche Methode, den Klassencharakter einer politischen Bewegung festzustellen, darin besteht, diese Bewegung nach ihrer Tätigkeit, nach ihrer Politik zu beurteilen, also danach, die Interessen welcher Klasse diese Politik zum Ausdruck bringt und im politischen Handeln verfolgt. Sie betrachtet also als entscheidendes Kriterium für die Bestimmung des Klassencharakters des Faschismus seine Politik. Ein solches Vorgehen müsste eigentlich selbstverständlich sein, pflegt man doch auch einen Menschen nicht danach zu beurteilen, wofür er sich selbst hält oder ausgibt, sondern danach, wie sein Handeln beschaffen ist. Aber die Feststellung von Marx in der „Deutschen Ideologie“ hat leider noch immer Geltung: „Während im gewöhnlichen Leben  jeder Shopkeeper sehr wohl zwischen dem zu unterscheiden weiß, was Jemand zu sein vorgibt, und dem, was er wirklich ist, so ist unsere Geschichtsschreibung noch nicht zu dieser trivialen Erkenntnis
gekommen.“

Die abstrakte Rede vom Klassencharakter des Faschismus bedeutet konkret: Wem nützt der Faschismus an der Macht? Er nützt eben nicht der Arbeiterklasse, selbst wenn nicht unbeträchtliche Teile eben dieser der Verblendungstaktik faschistischen Parteien aufgesessen sind und dem Faschismus in manchem Land zu einer gewissen Massenbasis verholfen haben (etwa im Falle Deutschlands und Italiens, nicht jedoch bezogen auf Österreich oder Spanien). Die Klassenposition der ArbeiterInnen gegenüber den Kapitalisten hat sich in allen faschistischen Systemen sukzessive verschlechtert, während die einzelnen Mitglieder der Kapitalistenklasse zu den größten Profiteuren im Faschismus wurden. Die Liste derjenigen, die beispielsweise im deutschen Faschismus ihren Reichtum begründeten oder massiv ausweiteten, ist nahezu endlos – verwiesen sei hier nur auf den erst vor wenigen Jahren verstorbenen reichsten Bürger Österreichs, Friedrich Karl Flick, dessen Vater sein sogenanntes „Glück“ mit der Ausbeutung jüdischer und osteuropäischer Zwangsarbeiter machte. Dies sind keine zufälligen Einzelschicksale, sondern biografische Karrieremuster, die sich nur vor dem Hintergrund allgemeiner struktureller Bedingungen des Faschismus herausbilden konnten.

Vergleich und Vergleichbarkeit faschistischer Regime

Die gegenwärtige Diskussion ist charakterisiert durch die Diskreditierung der marxistisch-leninistischen Faschismustheorie und damit einhergehend durch die Absage an einen allgemeinen Faschismusbegriff. Als Konsequenz begegnen uns tagtäglich aufs Neue die immer gleichen alten Mutmaßungen über den Charakter faschistischer Regimes: als Faschismus im eigentlichen Sinn könne etwa nur der italienische Faschismus gelten; der Nationalsozialismus sei kein faschistisches System und damit Klassenstaat, sondern ein auf dem ideologischen Fundament des Antisemitismus basierender Rassenstaat gewesen; Spanien müsse sowieso als Sonderfall angesehen werden und der Austrofaschismus sei im schlimmsten Fall als Form autoritärer Herrschaftspraxis aufzufassen. Gemein ist alle diesen einen allgemeinen Faschismusbegriff zurückweisenden Sichtweisen, dass sie die je konkreten Besonderheiten des einen oder anderen faschistischen Systems zum generellen Kennzeichen des Faschismus bzw. in Folge Nicht-Faschismus hochstilisieren und mit einem derart rigiden Singularanspruch versehen, dass eine generelle Bestimmung von Faschismus vom Grundsatz her bereits verunmöglicht wird. Die marxistisch-leninistische Faschismustheorie geht nicht von den Unterschieden in der Herrschaftspraxis der einzelnen faschistischen Systeme aus, sondern bestimmt den Faschismus streng analytisch, indem sie ihn nach seinem spezifischen Klassencharakter befragt. Erst dies eröffnet in der Folge die Möglichkeit einer transnationalen und komparatistischen Betrachtung der unterschiedlichen faschistischen Systeme, ohne auf einen sie einenden Grundbegriff von Faschismus verzichten zu müssen. Dadurch werden wir nicht nur in die Lage versetzt, den Faschismus in seinen europäischen Varianten und Kontexten zu vergleichen, sondern auch in seinen weltgeschichtlichen Dimensionen zu vergleichen.

Der sogenannte „Nationalsozialismus“ als die reaktionärste, aggressivste, chauvinistischste Form des Faschismus war deshalb weder „national“ (im Sinne einer nationalstaatlich orientierten Politikstrategie, im Sinne etwa der Leninschen Losung des Selbstbestimmungsrechts der Nationen) noch „sozialistisch“, der „Nationalsozialismus“ war durch und durch  Antisozialismus/Antikommunismus und, wie Dimitroff schreibt, „tierischer Chauvinismus“. „Nationalsozialismus“ ist der Name, den sich die faschistische Bewegung in Deutschland selbst  gegeben hat – dass er nach 1945 als analytische Kategorie Einkehr in die wissenschaftliche und politische Diskussion gefunden hat, ist nicht zuletzt auf das politische Interesse der  Westblockstaaten zurückzuführen, eine semantische Gleichsetzung von Realsozialismus und Nationalsozialismus und damit eine schon auf der Ebene der verwendeten Terminologie einsetzende Diskreditierung des ersteren ganz im Sinne der Totalitarismustheorie herbeizuführen.

Formationsspezifische Bedingungen des Faschismus

Die ökonomische Basis des Faschismus ist der Kapitalismus. Faschismus ist ohne Kapitalismus nicht denkbar. Im antiken Rom hat es keinen Faschismus gegeben, ebenso wenig im Mittelalter. Auch der vormonopolistische Kapitalismus der freien Konkurrenz – oftmals auch als Manchester-Kapitalismus bezeichnet – kannte den Faschismus noch nicht und konnte ihn noch nicht kennen. Der Faschismus ist untrennbar verbunden mit der Entwicklung des Kapitalismus hin zum Monopolkapitalismus/Imperialismus sowie mit dem Erstarken der Arbeiterbewegung als Versuch, die  kapitalistische Ordnung zugunsten der Masse der arbeitenden Menschen umzuwerfen. Kapitalismus bedeutet jedoch noch nicht automatisch Faschismus. Der Faschismus ist aber auch nicht einfach die „aggressive“ Form eines an sich „friedlichen“ Kapitalismus. Im Gegenteil: Der Kapitalismus ist immer schon aggressiv und muss dies auch sein, um die Verwertungsbedingungen des Kapitals und die Sicherstellung der Profite der Kapitalisten zu gewährleisten. Im Monopolkapitalismus wird diese Kapitalverwertung aufgrund der spezifischen Struktur der Monopole nun immer prekärer. Daher bedürfen die Monopole in nationaler Hinsicht der Mobilisierung der ganzen Gesellschaft, international gesehen einer expansiven Eroberungsstrategie, um ihre Profite abzusichern. Diese Absicherung vollzieht sich einerseits durch das Streben nach politischer Alleinherrschaft, nach absoluter Herrschaft über die Gesellschaft unter Ausschaltung aller gegenläufiger Bewegungen (an erster Stelle natürlich der revolutionären Arbeiterbewegung als die entschlossenste und für die Monopole gefährlichste gegenläufige Bewegung), andererseits über eine nach außen gerichtete Aggressions- und Expansionspolitik zur dauerhaften Absicherung der Herrschaftssphäre (Kolonialsystem, imperialistische Kriege, etc.). Dem Monopolkapitalismus/Imperialismus ist somit Gewaltund Antidemokratismus immer schon immanent.

Lenin bemerkt hierzu, dass die Kapitalistenklasse „zu jeder Barbarei, zu jeder Bestialität und zu jedem Verbrechen bereit ist, um die untergehende kapitalistische Sklaverei zu erhalten“. In krisenhaften Zeiten, in denen die wesensmäßigen Widersprüche im Imperialismus zu einer existenziellen Bedrohung des Systems selbst anwachsen (strukturelle Überakkumulation,  Massenarbeitslosigkeit, Zuspitzung des Marktproblems) und sich auch der politische Kampf zwischen den Kapitalisten und der Arbeiterklasse in Form eines verschärften Klassenkampfes zuspitzt, ist die Zeit reif für die Entstehung faschistischer Diktaturen. Eine solche existenzielle Bedrohung für den Kapitalismus trat erstmals mit dem Sieg der sozialistischen Revolution in Russland ein, als es der Arbeiterklasse eines Landes erstmals gelang, die kapitalistische Herrschaft zu stürzen. Damit wurde das bislang weltumspannende System des Kapitalismus gebrochen, seine Alleinherrschaft über die Länder und Völker der Welt in Frage gestellt. Die Auswirkungen der sozialistischen Revolution auf die anderen europäischen Länder waren enorm. Die Kapitalisten sahen sich einer immer selbstbewusster auftretenden Arbeiterbewegung gegenüber, die ihre Vorherrschaft zusehends in Frage stellte. Sie benötigten daher faschistische Regime als neue politische Waffe in ihrem Kampf gegen die Arbeiterklasse. Hierin zeigt sich auch das dezidiert politische Moment der Entstehung des Faschismus: er bildet sich nur zu bestimmten Zeiten unter ganz bestimmten Voraussetzungen heraus, in denen – plakativ formuliert – der Kapitalismus gewissermaßen sein Ende kommen sieht. Immer dort, wo sich die krisenhafte Entwicklung des Monopolkapitalismus mit einer allgemeinen politischen Krise und dem Erstarken der revolutionären Arbeiterbewegung verbindet, so dass letztere in die Lage versetzt wird, einen systemüberwindenden Machtanspruch zu stellen, bedarf die Kapitalistenklasse faschistischer Systeme, um ihre eigene gesellschaftlich-ökonomische Vormachtstellung abzusichern. Doch nicht nur durch die fundamentale Bedrohung des Kapitals durch das Erstarken der revolutionären Arbeiterbewegung werden faschistische Systeme installiert. Denn selbst wenn der bürgerliche Parlamentarismus nicht mehr in der Lage ist, durch die imperialistischen Widersprüche den tendenziellen Fall der Profitrate der eigenen nationalen KapitalistInnenklasse mit gegen die arbeitende Bevölkerung gerichtete „Reformen“ zu bremsen, muss das Kapital auf faschistische Systeme zurückgreifen. Deshalb muss es ruhig sein an der Heimatfront, damit man ungestört seine wirtschaftlichen und außenpolitischen Interessen verfolgen und durchsetzen kann, wenn nötig auch durch Krieg.

Darum waren es zuallererst die RepräsentantInnen der kommunistischen Bewegung, die den faschistischen Verfolgungen zum Opfer fielen, damit erklärt sich auch die von Beginn an erbarmungslose Jagd der Faschisten auf die Mitglieder und FunktionärInnen der kommunistischen Parteien (das erste KZ des deutschen Faschismus in Dachau wurde in erster Linie zur Inhaftierung politischer Gegner errichtet). Ist die kommunistische Bewegung im Sinne Lenins die Vorhut der Arbeiterklasse, so besteht die eigentümliche Charakteristik faschistischer Bewegungen eben darin, Vorhut der Kapitalistenklasse während der Krise des Kapitalismus zu sein. In der heutigen Zeit reichen allerdings die Mittel des bürgerlichen Parlamentarismus (noch) aus, um das an sich kriminelle System des Kapitalismus aufrechtzuerhalten (Gründe: Sozialpartnerschaft, Verbürgerlichung der sozialdemokratischen Parteien, etc.).

Man sieht jedoch auch deutlich, dass Faschismus immer eine Alternative für die Kapitalistenklasse darstellt. Denn nicht anders ist es zu verstehen, weshalb faschistische Organisationen und Parteien, die ja eindeutig positiv auf die Zeit in Deutschland und Österreich zwischen 1933 und 1945 Bezug nehmen, nicht verboten werden, wie das Beispiel der deutschen NPD oder Organisationen des österreichischen Neonazismus zeigen. Sie werden warm gehalten, um im Fall der Fälle dem Kapital als Option Gewehr bei Fuß zu stehen. Daher sollte der Kapitalismus nicht einfach mit Faschismus gleichgesetzt werden, wie dies viele trotzkistische Positionen in Abkehr einer konkret-geschichtlichen Analyse versuchen.

Der Faschismus an der Macht: Rassismus, Antisemitismus, Vernichtung

Faschismus bedeutet als offene, terroristische Form der Herrschaftsausübung immer Krieg. Dies muss, wie etwa im Fall des Austrofaschismus, nicht militärische Aggression nach außen bedeuten – in jedem Fall aber bedeutet es Aggression nach innen im Sinne der Verfolgung und letztlich Vernichtung politischer Gegner, der völligen Gleichschaltung der gesellschaftlichen Institutionen, etc. Die erste Opfergruppe in faschistischen Systemen gehörte damit jenen Organisationen an, die am entschlossensten und kompromisslosesten die Machterlangung und Herrschaftsausübung der Faschisten bekämpften: die kommunistischen Parteien. Allein in Österreich sind so in der Zeit von 1938 bis 1945 über 2.000 Mitglieder der Kommunistischen Partei im Widerstand gegen den deutschen Faschismus umgekommen. Während die Verfolgung und Ermordung der kommunistischen und anderer politischer Gegner des Faschismus noch relativ leicht aus der Logik faschistischer Herrschaft ableitbar ist, hat die systematische Verortung des Rassismus und Antisemitismus bzw. in Folge der Massenvernichtung jüdischen Lebens immer wieder Probleme aufgeworfen. Die These, wonach der Antisemitismus das entscheidende Kriterium für faschistische Bewegungen ist und alle faschistischen Bewegungen, die nicht antisemitisch im Sinne des deutschen Faschismus agierten, gar nicht faschistisch genannt werden dürften, ist nachdrücklich zurückzuweisen. Antisemitismus und Rassismus erfüllen als ideologische Momente eine ganz bestimmte Funktion innerhalb der Expansionspolitik des Faschismus, müssen von diesem jedoch nicht zwangsläufig ausgebildet werden. Anders gesagt: Der Aggressions- und Expansionsgedanke ist dem Kapitalismus und damit dem Faschismus immanent, in welcher Form er jedoch konkret zum Ausdruck kommt, hängt von den jeweils historischen Bedingungen ab.

In der Rassenideologie des deutschen Faschismus erstand so etwa auf dem Boden der historischen Erfahrungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine naturwissenschaftlich verkleidete Begründung des Machtstrebens des deutschen Finanzkapitals, das so die naturwissenschaftliche Bedingtheit und Notwendigkeit seiner Handlungen nachwies. An Stelle des demokratischen Gleichheitsideals des bürgerlichen Parlamentarismus trat ein oligarchisches Herrschaftsideal im Dienste konkreter Expansionsinteressen. Der deutsche Faschismus bildete ein ebenso bestialisches wie in dieser Bestialität rigides Gebilde eines Rassenantisemitismus aus, das in Folge in der industriell betriebenen Vernichtung von sechs Millionen Juden und, wenn auch nicht auf industriellem Wege, einer zumindest ebenso großen Anzahl an Menschen slawischer Abstammung gipfelte (Stichwort: Vernichtungskrieg im Osten!).

Ausschlaggebend für diese Völkermordpolitik, die die Juden als erste Gruppe, jedoch von der allgemeinen Konzeption her nicht als letzte treffen sollte, waren neben der unmittelbaren  Voraussetzung einer terroristischen Diktatur vor allem zwei Faktoren: Das generelle bestialische Syndrom sowie ein konkret-ökonomisches Wirtschaftsdenken der deutschen Faschisten. Es ist ganz einfach so, dass es ein Vernichtungsdenken innerhalb der SS und darüber hinaus gab, das auf die Möglichkeit des Zuschlagens, der Ausmerzung, der Austilgung im Krieg wartete. Es ist jedoch zweitens eine historische Evidenz, dass wirtschaftspolitische Strategien bei diesen Vernichtungsstrategien eine entscheidende Rolle spielten. Am deutlichsten zeigt sich dies am Beispiel des Generalgouvernements, des besetzten Restpolens: Dort wurde eine wirtschaftspolitische Konzeption entwickelt, die darauf hinauslief, dieses Generalgouvernement aus eigener Kraft wirtschaftlich zu entwickeln. Dazu wollte man eine deutsche Führungsschicht im Kollaborationsbündnis mit der polnischen Bevölkerung, insbesondere mit den polnischen Bauern und Handwerkern, dauerhaft etablieren und wirtschaftspolitisch absichern, indem man den sogenannten jüdischen Sektor im Generalgouvernement „zusammenpresst“, wie die einschlägige Formulierung in den Planungspapieren des deutschen Wirtschaftsstabes hieß. Es war eine Strategie der Kapitalakkumulation auf der Basis einer Massenvernichtung.

Zudem ist generell mit einzubeziehen, dass die soziale Enteignung, die Pauperisierung der jüdischen Bevölkerung vor dem Krieg im Kontext einer Spekulationskonjunktur stand, wo innerhalb der weiterhin depressionsgeschüttelten Wirtschaft plötzlich Ventile geöffnet worden sind, die neue wirtschaftspolitische Karrieren ermöglichen konnten (Stichwort: Flick!). Nur in diesem Kontext des Zusammenlaufens verschiedenster Faktoren ist der Holocaust in seiner historischen Form erklärbar.

Rechtsextremismus und Faschismus heute

„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung.“ Das schworen die Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald nach ihrer Befreiung. Als junge KommunistInnen greifen wir diesen Schwur auf und kämpfen mit allen Mitteln und auf allen Ebenen gegen jede Form von Faschismus, Rassismus und Antisemitismus.

Die etablierte Rechte

Die augenscheinlichste Gefahr bildet gegenwärtig die etablierte Rechte, allen voran die FPÖ. Setzte sich diese vor der Spaltung des rechten Lagers in FPÖ und BZÖ im Jahr 2005 aus einem rechtsextremen und einem rechtsliberalen Flügel zusammen, wird die Partei seither von ersterem dominiert. Mit den Mitteln der rassistischen Verhetzung und der sozialen Demagogie treibt sie die Spaltung der Arbeiterklasse voran, während sie sich gleichzeitig als Vertreterin des „kleinen Mannes“ präsentiert. Damit soll den Lohnabhängigen die Waffen der Solidarität und des gemeinsamen Handelns aus der Hand genommen werden. Entgegen ihrer Selbstdarstellung ist die FPÖ eine Partei deren Kaderpersonal sich vorwiegend aus Freiberuflern und  Gewerbetreibenden zusammensetzt und welche offen die Interessen des Großkapitals vertritt. Dafür wurden und werden seitens einzelner Unternehmen als auch von monopolkapitalistischen Zusammenschlüssen nicht unbeträchtliche Summen zur Subventionierung rechter Parteien, allen voran eben der FPÖ, aufgewendet. Erkauft wird damit gegenwärtig in erster Linie eine Politik, die durch Spaltung jegliche Versuche von effektivem Widerstand gegen die asoziale Politik des Monopolkapitals und seiner Vertreter im Keim ersticken soll und die von den Kapitalisten gefürchtete Möglichkeit ökonomischer und politischer Kämpfe ausschalten soll.

Die FPÖ trug mit ihrer rabiat rassistischen, islamfeindlichen und zumindest verdeckt antisemitischen Politik wesentlich zu einer Verschiebung des gesellschaftlichen Konsenses nach rechts bei – Unterstützung fand sie dabei vor allem bei der auflagenstärksten österreichischen Tageszeitung, der „Krone“; ÖVP und SPÖ folgten diesem Kurs. Immer unverfrorener bekennt sich die FPÖ auch zum historischen Faschismus und geht im Gegensatz zur früheren Praxis auch kaum mehr auf Distanz zum offenen Neonazismus.

Neonazismus

Im Windschatten der gesamtgesellschaftlichen Rechtsentwicklung erstarken unter der vielfach schützenden Hand des etablierten Rechtsextremismus auch offen neonazistische Kräfte. Diese schrecken bereits jetzt nicht vor gewalttätigen Auseinandersetzungen zurück. Für den Fall, dass das Monopolkapital abermals in der einen oder anderen Form die faschistische Karte ausspielt, stünden diese als Kampfhunde bereit. Einende Klammer zwischen etablierter Rechter und Neonazismus stellen die typischen Merkmale des Rechtsextremismus dar. Ein autoritäres und patriarchal geprägtes Weltbild, gespeist aus antiliberalem und antikommunistischem Denken, an das sich Rassismus und Nationalismus reihen und welches sich „Volksgemeinschafts“-Denken und Geschichtsrevisionismus bedient.

Die konservative Gefahr

Absurd wäre es zu glauben, dass der Faschismus, der an der Macht „die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ (Dimitroff) bedeutet, auch im zweiten Anlauf ausschließlich in den einstigen Farben und Uniformen daher kommen könne.

Nicht übersehen werden darf daher die Gefahr, die vom Konservativismus, insbesondere seinen reaktionärsten Elementen, ausgeht. Dieser arbeitet als gegenwärtig bevorzugte politische Vertretung des Monopolkapitals bereits jetzt auf eine immanente Faschisierung der Gesellschaft hin. Dies geschieht mittels Ausweitung der Überwachungsmethoden und Einschränkung sozialer und demokratischer Rechte, Einführung sogenannter „Anti-Terror-Gesetze“, die jederzeit auch gegen die Linke eingesetzt werden können, oder kontinuierlicher Verschärfung der Asylgesetzgebung. Zur Rechtfertigung dessen bedient man sich einer weitgehend gleichgeschalteten Medienlandschaft, die die bürgerliche Ideologie in die Köpfe hämmert.

In Österreich gilt zudem nicht nur dem rechten Rand der ÖVP eine Koalition mit der FPÖ auch heute als logischer Pakt für eine „bürgerliche Regierung“. Eine Neuauflage der schwarzblauen Koalition wäre angesichts der Verschärfung der allgemeinen Krise des Kapitalismus wie auch der scharfen Rechtsentwicklung der FPÖ anders einzustufen als die Regierungen zwischen 2000 und 2006.

Eine unmittelbare Gefahr der Gegenwart ist die mögliche Installierung militärfaschistischer Regime in den abhängigen, vor allem südamerikanischen Ländern durch die Unterstützung der aggressivsten imperialistischen Mächte.

Hand in Hand gegen den Faschismus

Das wirksamste Mittel im Kampf gegen Rechtsextremismus und Faschismus sehen wir in der Schaffung einer starken, klassenkämpferischen Linken. Eine solche kann der rassistischen Verhetzung die Betonung der gemeinsamen Interessen der gesamten Arbeiterklasse gegenüberstellen, der sozialen Demagogie kann sie durch entschlossenes Eintreten für soziale und demokratische Rechte den Boden entziehen. Weiters orientieren wir auf die Schaffung breiter Aktionseinheiten, in die alle antifaschistischen und demokratischen Kräfte eingebunden sind.

Unsere Aufgabe als KommunistInnen ist es, der Spaltung der Arbeiterklasse, der Tendenz zur Faschisierung sowie dem Aufstieg der Rechten entgegenzutreten. Nur im gemeinsamen Kampf aller antifaschistisch gesinnten Menschen in Österreich, in enger Verbundenheit mit der internationalen Arbeiterbewegung, wird die mögliche Gefahr der Installierung eines faschistischen Regimes in Österreich verhindert werden können. Denn erst durch die revolutionäre Überwindung des kapitalistischen Systems werden jene Kräfte, die sich in Krisensituationen des Faschismus zur Zerschlagung revolutionärer Bewegungen und Sicherung ihres Profits bedienen, dauerhaft entmachtet. Erst mit der Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft wird also die Gefahr von Faschismus und Krieg dauerhaft gebannt werden können.

Antirassismus

Antirassismus ist integraler Bestandteil kommunistischer Politik. Rassismus bedeutet Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Nationalität, äußeren Merkmalen und/oder Sprache. Diese drückt sich in einem offenen ideologischen Rassismus, als Alltagsrassismus und durch dessen strukturelle Form (durch Gesetze, Behörden, im Bildungssystem etc.) aus.

Nach wie vor werden Jugendliche von einem gleichberechtigten Anspruch auf Menschenrechte, wie dem Recht auf Wohnen, Arbeit, Bildung, soziale Grundsicherung und demokratische Mitbestimmung anhand von rassistischen Kriterien ausgegrenzt. Es entsteht dadurch eine Differenzierung zwischen zwei gesellschaftlichen Gruppen, die vom herrschenden System gefördert und dazu benutzt wird, sie gegeneinander auszuspielen. Denn Menschen mit minderen bzw. keinen Rechten und Interessensvertretungen können sich nicht gegen z.B. horrende Mieten für schlechteste Wohnverhältnisse oder gegen ungesicherte und inoffizielle Arbeitsverhältnisse und Niedrigstlöhne wehren. Für sie bedeutet der Alltag einen Kampf um die Existenz, mit der Unsicherheit, jederzeit und willkürlich abgeschoben zu werden. Unter anderem findet dies seinen Ausdruck auch in der restriktiven Asyl- und Abschiebepolitik, bei der auch politische Flüchtlinge nicht selten in den sicheren Tod zurückgeschickt werden.

Andererseits werden durch Vereine und Parteien gerade die Resultate der strukturell und politisch forcierten Benachteiligung und Diskriminierung benutzt, um offene rassistische Hetze zu betreiben. Für allgemeine Probleme, wie etwa Arbeitslosigkeit, die der Kapitalismus in sich trägt, werden MigrantInnen und ZuwanderInnen der zweiten Generation zu Sündenböcken gemacht. Dadurch wird es möglich, mit offen rassistischen Wahlkampfslogans nicht nur WählerInnenstimmen zu gewinnen, sondern auch die in der Bevölkerung vorhandenen Vorurteile weiter zu verbreiten und zu verstärken.

Die eigentlichen Ursachen der gesellschaftlichen Probleme werden verdeckt. Daher ist es für antirassistische Politik in der Analyse unumgänglich, das gesellschaftliche Phänomen des Rassismus mit der kapitalistischen Ordnung zu verknüpfen. Nur durch eine gleichwertige Teilnahme etwa an politischen Rechten und eine an den Interessen der Menschen orientierte Wirtschaftsform ist es möglich, das Fundament für eine antirassistische Gesellschaft zu errichten. Daher ist es wichtig, dieser Differenzierung innerhalb der Gesellschaft zwischen In- und AusländerInnen entgegenzutreten und auf die eigentlichen Ursachen hinzuweisen, die nur gemeinsam überwunden werden können. Aus diesem Grund tritt die KJÖ für eine vollständige Partizipation aller in Österreich lebenden Menschen am gesellschaftlichen und politischen Leben ein.