Martina: Es freut mich sehr Euch heute begrüßen zu dürfen und heiße euch herzlich willkommen. Und mit mir heute meine geschätzte Genossin K. vom KSV. Im Vorfeld haben wir uns zusammen gesetzt und uns vor die Frage gestellt, warum internationaler Frauentag im Jahr 2014? Über 100 Jahre nachdem unsere Vorkämpferinnen auf die Straßen gingen, um bessere Arbeitsbedingungen, gerechte Löhne und Selbstbestimmung in allen Lebensbereichen, einzufordern? Ist das denn heute noch nötig?
K.: Ja leider, weil genau diese Forderungen von damals auch heute noch nichts an Aktualität verloren haben.
Z.B. die Forderung nach Gleichen Lohn für Gleich Arbeit.
Frauen verdienen im Durchschnitt 25% weniger als Männer.
Faire Arbeitsbedingungen? Nun, 50% der Frauen sind Teilzeitbeschäftigt und sind dadurch meistens finanziell in eine Abhängigkeit gedrängt, sind dadurch auch im Pensionssystem benachteiligt. Nebenbei leisten sie noch den größten Teil der Kinderbetreuung und Hausarbeit. Diese wird als selbstverständlich angesehen, gesellschaftlich nicht wertgeschätzt und passiert außerdem unbezahlt.
Wir Frauen machen die Hälfte der Welt aus. Statistisch gesehenen leisten wir zwei Drittel der gesellschaftlich notwendigen Arbeit, erhalten aber nur etwa 10% des Welteinkommens und besitzen nur 1% des Weltvermögens.
Frauen dieser Welt werden strukturell und systemimmanent diskriminiert. Sie werden gedemütigt, geschlagen, vergewaltigt, ausgegrenzt, verstümmelt, versklavt und in eine ökonomische Abhängigkeit des Mannes gedrängt, die keineswegs ‚natürliche’ oder ‚biologische’ Ursachen hat. Vielmehr geht es darum, patriachale Macht zu demonstrieren und eine Unterordnung der Frau gegenüber dem Mann zu erzwingen, um vorherrschende Vorstellungen von Familie und Geschlechternormen festzuschreiben.
Nach aktuellsten Statistiken geschieht Gewalt in Österreich zu 75% der Fälle in der Familie, Bekannten oder Verwandtenkreis. Trotzdem wird sie oft übersehen und ist gesellschaftlich integriert.
… jede dritte Frau wird ein Opfer von Gewalt,
… alle 20 Minuten wird eine Frau geschlagen,
… alle zwei Stunden wird eine Frau vergewaltigt
… &jede zweite Frau mit Behinderung muss Männergewalt ertragen.
Diese Fakten sprechen für sich, warum der Frauentag noch immer notwendig ist.
Aber warum ist der Frauentag in Graz wichtig? Was ist dein persönlicher Eindruck?
Ein Tag in meinen Leben. Graz 2014:
Ich wache morgens auf, weil die Nachbarin schreit und unter Tränen die Wohnungstür zuschmeißt. Offenbar gibt es wieder Streit. Ich verlasse danach das Haus. Um die Ecke ein Bordell mit Dumpingpreisen für Prostituierte. Warum ist die Werbung für Bordelle noch da, obwohl seit 2001 Werbungen dieser Art gesetzlich verboten sind?
Ich wende mich ab und laufe die Straße lang. An der Ecke Schönaugasse steht ein riesiger Turm mit einer Glocke am Dach. Dort beten Menschen einen weißen, heterosexuellen Mann an, der vor 2000Jahren angeblich Wasser zu Wein verwandelte und über Wasser gehen konnte. Nach dem Vergöttern gehen sie gemeinsam zur Sonntagdemonstration gegen Abtreibungen, um Frauen zu belästigen, die bei Gott anders im Kopf haben.
Ich habe genug von dieser Umgebung und gehe zur Lagergasse. Doch Vorsicht auch in unseren eigenen Reihen sind wir nicht vollkommen geschützt vor diversen Sexismen. Denn wir alle sind in dieser Gesellschaft groß geworden, die Unterdrückung der Frauen auf der Tagesordnung stehen hat.
Auf dem Weg dorthin ein Plakat nach dem anderen das nackte Frauen zu Werbezwecken abbildet und missbraucht. Der Zusammenhang zwischen den Produkt und der nackten Frau entbehrt jeglicher Logik. An der Seite ein Swingerclub der Gang-Bang (Blow-Job) Partys veranstaltet, bei denen Frauen immer freien Eintritt„genießen“.
Das sind alles sind Dinge, die mir auffallen, wenn ich nur meinen alltäglichen Weg von nicht mal einem Kilometer zurücklege. Wovon jeder, es wert ist dagegen aufzutreten. Das ist nicht „normal“ nicht als gegeben zu tolerieren und davor kann ich meine Augen auch NICHT verschließen.
Ich kenne dieses Gefühl und kann das nur bestätigen und bin genauso wie du schockiert und entrüstet. Auch ich möchte dazu aufrufen, die Dinge zu hinterfragen, nicht alles zu akzeptieren und sich aktiv dagegen zu organisieren.
Mit der Diskriminierung und Ungleichheit muss endlich Schluss sein. Frauen sind hier in der Pflicht eigenverantwortlich und selbstbewusst für unsere Rechte einzutreten. Wir alle müssen uns für ein würdiges, unabhängiges Leben in allen Lebensphasen und Lebensmodellen einsetzen. Der 8. März muss unsere Kampfansage gegen ein System sein, dass dies Gleichberechtigung bis zu diesem Jahrhundert praktisch noch immer nicht erreicht hat.
Wir Frauen können für uns selbst sprechen und das sollen wir auch tun. Und uns von niemandem bevormunden lassen. Wir wissen selbst am besten was gut ist für uns und deshalb ist es wichtig, das auch zu sagen. Schluss mit passiven zurückhalten.
Aufstehen –Rausgehen- Aufdrehen!
Wir wünsche uns, dass Frauen ihre Stellung in der Gesellschaft neu überdenken, ihre Rechte lauthals einfordern und wir alle niemals aufgeben für eine solidarisch, befreite, emanzipierte Welt zu kämpfen.
Damit wünschen wir euch einen guten Kongress und entlassen euch mit den Worten:
Hoch die Frauensolidarität!
Hoch den Internationalen Frauentag!