Der Imperialismus ist die Epoche des Finanzkapitals und der Monopole, die überallhin den Drang nach Herrschaft und nicht nach Freiheit tragen. Reaktion auf der ganzen Linie, gleichviel unter welchem politischen System, äußerste Zuspitzung der Gegensätze auch auf diesem Gebiet – das ist das Ergebnis dieser Tendenzen.
W.I. Lenin: Über eine Karikatur auf den Marxismus, 1916.
Der Kapitalismus hat sich natürlich seit seiner Entstehung beständig verändert, weiterentwickelt und um das Jahr 1900 eine neue Stufe erreicht, den Imperialismus.
Was ist Imperialismus?
Imperialismus bedeutet in erster Linie weltweite Macht und Konkurrenz der kapitalistischen Monopole und deren Staaten. Durch die Konzentration der Produktion, des Handels und des Bankwesens entstehen Monopole, die in den einzelnen Branchen und vermehrt branchenübergreifend die Bedingungen der Produktion, der Marktsituation und des Verkaufs bestimmen. Diese Monopolstellung ist jedoch nicht nur eine wirtschaftliche Angelegenheit. Durch ihre Größe und ihren Einfluss üben die Monopole Herrschaft aus. So wird den Entwicklungsländern – beispielsweise durch sogenannte „Freihandelsabkommen“ oder die Strukturanpassungsprogramme des Internationalen Währungsfonds (IWF) – der Wille der Konzerne aufgezwungen. Doch auch in den Industriestaaten ist diese Entwicklung offensichtlich. Während das Großkapital vom bürgerlichen Staat großzügig mit Bankenrettungspaketen und Steuergeschenken bedacht wird, werden der breiten Masse der Bevölkerung Sparpakete und Sozialabbau aufgebrummt. So betreibt der Staat im Imperialismus – national und international – systematisch Umverteilung zugunsten der Monopole.
Auch das Streben nach neuen Absatzmärkten, billigen Arbeitskräften und Rohstoffen, Kapitalanlagen und Einflusssphären ist eines der Merkmale des Imperialismus. Die imperialistischen Metropolen haben die wirtschaftliche Kontrolle über den Rest der Welt unter sich aufgeteilt. Der Welthandel ist zu einem überwältigenden Anteil in der Hand der reichsten Staaten. Diese wirtschaftliche Ausbeutung wird unter anderem auch dadurch verewigt, dass in den peripheren Ländern in erster Linie Rohstoffe ausgebeutet und arbeitsintensive Produkte erzeugt werden, während in den Metropolen die Produktion hochtechnisiert vonstatten geht.
Mit der Verlagerung von ganzen Produktionszweigen in die Peripherie werden die Profite der Monopole durch niedrigste Löhne und katastrophale Arbeitsbedingungen maximiert. Mit gezieltem
Kapitalexport werden die zentralen Wirtschaftsbereiche der einzelnen Länder unter die Kontrolle der Konzerne gebracht. Durch Patente auf moderne Technologie und ihre Anwendung bleibt den abhängigen Ländern der eigenständige Zugang und die Nutzung der modernen Produktivkräfte verwehrt. Zwar führt Kapitalexport dazu, dass in vielen Ländern modernste Produktionsanlagen entstehen, doch sind diese Eigentum der Konzerne.
Durch das Vakuum, das durch den Zerfall der sozialistischen Staaten Ost- und Südosteuropas entstand, standen fast über Nacht dem Kapitalexport aus den kapitalistischen Metropolen Tür und Tor offen, wovon vor allem der deutsche Imperialismus – und mit ihm auch das österreichische Kapital – profitierte.
Um sich diese Einflusssphären nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch zu sichern, wurden die ehemals sozialistischen Staaten der Europäischen Union einverleibt.
„Krieg ist die Fortsetzung der Politik unter Einbeziehung anderer Mittel“ (Carl von Clausewitz)
In den weltpolitischen Wirren der Jahre 1989 bis 91 schreckten die Imperialisten auch nicht davor zurück, sich die Türen gewaltsam zu öffnen, wie es im angezettelten Krieg in Jugoslawien auf
schreckliche Weise deutlich wurde. Die wirtschaftliche Unterdrückung ist mit einer umfassenden politischen und militärischen Herrschaft verbunden. Wenn der ökonomische Druck nicht ausreicht, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen, steht der militärische Arm der imperialistischen Metropolen Gewehr bei Fuß – auch ohne Beachtung des Völkerrechts. In vielen Fällen gehen dem direkten militärischen Eingreifen versteckte Interventionen voraus, wie das Schüren von Bürgerkriegen und die Finanzierung und Ausbildung von Paramilitärs, was in vielen Regionen Afrikas und Südamerikas gang und gäbe ist. Wenn die totale Unterordnung der Staaten nicht zu Wege gebracht wird, so erreicht man damit zumindest die Destabilisierung der Region und verhindert eine eigenständige Entwicklung.
Dennoch bieten sich auch heute viele Möglichkeiten einer gerechteren Gestaltung der weltweiten Austauschbeziehungen, die wir als KommunistInnen nicht nur als Selbstzweck unterstützen, sondern auch als Grundlage für revolutionäre und fortschrittliche Ausbrüche einzelner Länder aus der impe rialistischen Kette begreifen. Die Entwicklungen in Lateinamerika – allen voran jene in Venezuela und Bolivien – sind wichtige Schritte auf dem langen Weg mit dem Ziel der weltweiten Zerschlagung des Imperialismus.
Zwischenimperialistische Widersprüche und Bündnisse
Wie in einem Strategiespiel, in dem jeder gegen jeden kämpft, sind zeitweise Bündnisse zwischen den einzelnen Playern gegen mächtigere (oder zur gemeinsamen Zerschlagung kleinerer Mitspieler) möglich. Letzten Endes geht es aber darum, selbst die Vor- oder gar Weltherrschaft zu erlangen. Auch wenn es momentan so scheint, als überwiege das gemeinsame Interesse der Metropolen gegenüber den peripheren Ländern, was z.B. im „Krieg gegen den Terror“ zum Ausdruck kommt, werden die Risse in den Bündnissen der imperialistischen Staaten immer deutlicher erkennbar. Immer öfter spucken unsere Herrschenden große Töne gegen den US-Imperialismus, wohinter jedoch keineswegs humanitäre Anschauungen oder gar „Anti-Imperialismus“ stehen. Viel mehr zeigt sich, dass die imperialistischen Mächte sich bei ihren Expansionsplänen gegenseitig im Weg stehen. So verurteilten die deutschen und österreichischen Jugoslawien-Kriegstreiber den Krieg der USA, Großbritanniens, Italiens und anderer gegen den Irak. Derweil stationiert Österreich unter dem fadenscheinigen Vorwand der „Friedenssicherung“ SoldatInnen im Kosovo, im Kongo, in Afghanistan etc.
„Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich, wie die Wolke den Regen“ (Jean Jaurès)
Die vermehrte und weltweite wirtschaftliche Vernetzung – auch mit dem Schlagwort „Globalisierung“ bezeichnet – verläuft nicht beliebig und gleichmäßig auf dem Erdball verteilt. Der überwältigende Großteil der wirtschaftlichen Austauschprozesse und Investitionen vollzieht sich zwischen den Zentren und innerhalb der Zentren. Obwohl die NATO nach wie vor das entscheidende Militärbündnis der Mächtigen ist, strebt auch die wirtschaftlich erstarkte EU nach eigenständiger militärischer Stärke, was sich in den Tendenzen zu einem europäischen Militärbündnis und einer gesamteuropäischen Rüstungsindustrie ausdrückt.
Entgegen der weitläufigen Vorstellung, dass durch die steigenden wirtschaftlichen Austauschprozesse eine vollständige Harmonisierung der internationalen Beziehungen möglich sei, treten die sich zuspitzenden Widersprüche zwischen den imperialistischen Zentren immer mehr zutage und sind der Nährboden für Stellvertreterkriege aber auch für direkte militärische Konfrontationen.
Die ökonomische Basis dieses Widerspruchs ist die ungleiche Entwicklung der einzelnen imperialistischen Staaten und in weiterer Folge der Kampf um eine Neuaufteilung der Einflusssphären und Machtgebiete. Ab einem gewissen Zeitpunkt können die antagonistischen Interessen nicht mehr am Verhandlungstisch geregelt werden, sondern rufen auch bewaffnete Auseinandersetzungen hervor.
Gerade dieser Kampf um die Neuaufteilung der Macht war auch der Hintergrund des Zweiten Weltkriegs, als das wirtschaftlich erstarkte Deutschland die im ersten Weltkrieg verlorene politische
und wirtschaftliche Herrschaft wiedererlangen und weiter ausbauen wollte.
„Die Kapitalisten wollen keinen Krieg, sie müssen ihn wollen“ (Bert Brecht)
Obwohl dies nun schon mehr als ein halbes Jahrhundert zurückliegt, ist es wiederum Deutschland mit Österreich an seiner Seite, das sich eine Vorherrschaft in weiten Teilen Europas sichern will und es sind – neben anderen – auch wieder dieselben Konzerne im Vordergrund, die damals den Faschismus an die Macht brachten (z.B. Krupp, Thyssen). So lässt die 2008 ausgebrochene Wirtschaftskrise die Kriegsgefahr steigen, weil die Kapitalisten – wie es die Krise von 1929ff. zeigte – ihre Krisen immer nur durch massive Rüstungsprogramme durchtauchen konnten.
Das Europa der Konzerne und Generäle
Auch wenn es derzeit noch scheint, als hätte die sogenannte europäische Integration die zwischenimperialistischen Widersprüche verschwinden lassen, sind die innereuropäischen Konflikte nur vertagt, um vorerst gemeinsam dem (noch!) übermächtigen US-Imperialismus die Stirn zu bieten.
Die derzeitige militärische Schwäche führt dazu, dass die imperialistischen Staaten Europas bei militärischen Auseinandersetzungen – wie z.B. den Kriegen in Afghanistan und Irak – durch die USA in die zweite Reihe verwiesen werden. Genau hier setzen die Strategien an, die in den Chefetagen von Politik und Wirtschaft der EU entwickelt werden. Mittlerweile ist die eigentliche Stoßrichtung des sogenannten „Integrationsprozesses“ durch zweierlei charakterisiert. Zum einen wird ein undemokratisch aufgebauter europäischer Apparat geschaffen, in dem ein zeitweiliges Bündnis aus vorwiegend deutschen und französischen Kapitalfraktionen den Ton angibt. Zum anderen wird der Prozess der Militarisierung der EU massiv vorangetrieben, als dessen Ergebnis eigenständige militärische Interventionen weltweit – unabhängig von der NATO und unkontrolliert durch UNO und Völkerrecht – stehen sollen. Diesen EU-Plänen stehen jedoch divergierende Interessen anderer imperialistischer Staaten Europas entgegen. So nimmt etwa Großbritannien nicht an der Währungsunion teil und setzt – politisch wie militärisch – eher auf ein transatlantisches Bündnis mit den USA.
„Der Hauptfeind steht im eigenen Land“ (Karl Liebknecht)
Auch das österreichische Kapital versucht, aus der jetzigen Situation seinen Nutzen zu ziehen. Wenngleich ein bedeutender Teil des österreichischen Großkapitals schon in den Händen v.a. deutscher Monopole ist, so sind es in erster Linie der osteuropäische und arabische Raum sowie die Nachbarländer am Balkan, in denen sich das österreichische Kapital breit macht und seine Einfluss- und Machtsphären sichert (man denke nur an die Verstrickungen der Bank Austria in diverse Immobilien- und Spekulationsgeschäften in Osteuropa oder auf dem Balkan). Nicht umsonst war Österreich eine treibende Kraft bei der Zerschlagung Jugoslawiens, bei der die altbekannte teile-und-herrscheStrategie wieder zum Einsatz kam. Während die österreichische Politik lange Zeit auch im Rahmen der Neutralität eigenständige außenpolitische Initiativen setzte, wird jetzt als Partner Deutschlands die imperialistische Durchdringung der ehemals sozialistischen Länder im Rahmen der EU vollzogen.
Die Militarisierung Österreichs ist längst beschlossene Sache. Neutralität und friedliche Konfliktlösung sind Schnee von gestern und spielen laut Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel nur mehr die Rolle
von „Lipizzanern und Mozartkugeln“. Österreich ist sowohl Mitglied der NATO-Vorfeldorganisation „NATO-Partnerschaft für den Frieden“ als auch an vorderster Front am Aufbau der EU-Armee beteiligt. Um nicht mit dem Neutralitätsgesetz in Konflikt zu geraten, wurde bereits 1998 der Artikel 23f in die Verfassung eingefügt. Bundeskanzler und Außenminister können seither alleine darüber entscheiden, in welcher Form sich Österreich an EU-Kriegen beteiligt, das Parlament braucht nur nachträglich eingebunden zu werden – die Bevölkerung überhaupt nicht. Die österreichische Regierung möchte sich in der EU-Armee mit Nischenprodukten wie z.B. dem Gebirgseinsatz profilieren. Truppenübungen für Auslandseinsätze sind bereits gang und gäbe. Alle Parlamentsparteien beschlossen 2005 diese Bundesheer-Reform und damit die Aufrüstung für den Kriegseinsatz zur Sicherung der Interessen des österreichischen und europäischen Monopolkapitals. Was dem österreichischen Kapital nach dem Ersten Weltkrieg „genommen“ wurde und von ihm im zweiten Weltkrieg nicht zurückerobert werden konnte, wird nun versucht mit Hilfe der EU zu erreichen.
Die KJÖ kämpft für friedliche Außenpolitik und Völkerverständigung. Das mittlerweile nur noch auf dem Papier bestehende und von keiner Parlamentspartei mehr vertretene Neutralitätsgesetz muss wieder zum Leitfaden der österreichischen Außenpolitik werden! Für uns steht fest, dass eine grundlegende Sicherung des Friedens mit den imperialistischen Mächten und Wirtschaftsverhältnissen nicht zu machen ist. Nur wenn die Macht des internationalen Großkapitals erst zurückgedrängt und letztendlich gebrochen wird, kann die Kriegsgefahr nachhaltig gebannt werden, wozu ein Austritt Österreichs aus der EU ein erster wichtiger Schritt wäre. Letzten Endes kann erst der Sozialismus einen weltweiten und andauernden Frieden gewährleisten.
Die Rolle des Staates
Entscheidende Bedeutung im imperialistischen System kommt der Rolle des Staates zu. Seit seiner Entstehung ist der Staat kein über der Gesellschaft und den Interessen der Menschen stehendes Gebilde, sondern Instrument der jeweils herrschenden Klasse, deren Interessen er durchsetzt. Der Staat im Imperialismus ist nach wie vor notwendiges Instrument, ist quasi seine Herz-Lungenmaschine. Die Aufgaben und Funktionen, die der Staat in enger Verflechtung mit dem Monopolkapital als „ideeller Gesamtkapitalist“ (Karl Marx) erfüllt, sind vielfältig.
Das Kapital agiert in wachsendem Ausmaß auf globaler Ebene und weit über den Nationalstaat hinaus. Dazu bedient es sich nationalstaatlicher Mechanismen zur Sicherung der Kapitalverwertung. Obwohl sich in kleineren kapitalistische Staaten wie Österreich der Spielraum für eigenständige Politik verringert hat und Strukturen wie EU, IWF, G8 etc. den Nationalstaaten immer mehr die Politik diktieren, dürfen die nationalen Regierungen in den Metropolen keinesfalls aus ihrer Verantwortung entlassen werden. Sie sind Teil und Akteurinnen dieser Strukturen und auf nationaler Ebene willige Vollstrecker von deren Politik.
Die Enteignungsprozesse in Form von Privatisierung und Deregulierung – oft als „neoliberale Politik“ bezeichnet – widersprechen keineswegs der Aufgabe, die dem Staat für das Kapital gegenwärtig zukommt. Im Gegenteil: das in den Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg angehäufte Kapital drängt nun in bisher kaum privatkapitalistisch organisierte Bereiche wie dem Bildungswesen, dem Gesundheits- und Pensionssystem etc. Der Staat gibt so alle sozialen Errungenschaften, die in Jahrzehnten erkämpft wurden, preis, was zu Verarmung, Elitenbildung, Arbeitslosigkeit, Zweiklassenmedizin, Perspektivenlosigkeit etc. führt.
Gerade die „goldenen roten 70er Jahre“ sind Verteilungskonflikten zwischen Kapital und Arbeit aus dem Weg gegangen; Die einzelnen Reformen jener Zeit waren weit davon entfernt, die Herrschaft des Kapitals ernsthaft zu beschneiden und damit auf die Grenzen des Kapitalismus oder über diese hinaus zu weisen. Auch wenn diese Zeit Verbesserungen für die ArbeiterInnenklasse brachten, als selbständig handelndes Subjekt wurde diese jedoch nie aktiv, sondern im Rahmen der Sozialpartnerschaft mit einigen Zugeständnissen abgespeist. Angesichts der unmittelbaren Systemalternative in Form der sozialistischen Länder an den Grenzen, mussten die Herrschenden wohl dosierten sozialen Fortschritt zulassen. So bot die Sozialpartnerschaft die besten Möglichkeiten, den Arbeitenden den Giftzahn des Klassenkampfes zu ziehen.
Dass der angebliche Sozialstaat verschwunden ist, hat keineswegs einen „Rückzug“ des Staates aus der sozialen Verantwortung als Abnahme seines wirtschaftlichen Einflusses zur Folge. Er erfüllt nach wie vor die Funktion der Herz-Lungen-Maschine des Kapitalismus. Sorgte er in den Zeiten der Systemauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus für die Ruhigstellung der ArbeiterInnen, nimmt er heute ungehemmt seine Funktion bei der Umverteilung von unten nach oben wahr.
Auch die Bedeutung, die der Staat in der Forschung und der Gewährleistung der infrastrukturellen Rahmenbedingungen für die Monopole hat, ist ebenso wichtig wie die gigantischen Ausmaße an
Staatsinvestitionen im Rahmen der Rüstungsindustrie, die er tätigt. Ganz zu schweigen von seiner Aufgabe, die bestehenden Verhältnisse aufrecht zu erhalten.