oder: „Ein Kind, das an Hunger stirbt, wird ermordet“
„Ein Kind, das an Hunger stirbt, wird ermordet.“ Mit diesen drastischen Worten bringt Jean Ziegler, früherer UNO-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, das kapitalistische Unrecht in einem Satz auf den Punkt. Alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren. 37.000 Menschen verhungern jeden Tag und fast eine Milliarde Menschen sind permanent schwerstens unterernährt. Demgegenüber steht die Tatsache, dass die weltweite Landwirtschaft problemlos das Doppelte der heutigen Weltbevölkerung ernähren könnte. Im Interesse des Profits ziehen es Konzerne aber vor, Nahrungsmittel zu verbrennen, auf den Müll zu werfen oder ins Meer zu schütten – schließlich könnte ja der Marktpreis fallen.
Dass Profite wichtiger sind als Menschen, zieht sich wie ein roter Faden durch das kapitalistische System: Ob trotz Hungersnöten Lebensmittel vernichtet werden, Kampfflugzeuge Bomben abwerfen, Arbeitsplätze vernichtet werden, öffentliches Eigentum privatisiert wird, Menschen in Armut gestoßen werden, die Umwelt rücksichtslos ausgebeutet wird oder unsere Schulen, Universitäten, Lehrwerkstätten und Jugendzentren kaputtgespart werden: all das geschieht im Interesse der Profitmaximierung. Und ohne diese Profitmaximierung kann der Kapitalismus gar nicht existieren, die Verbrechen sind also in seinem Wesen begründet.
“Wer will, dass die Welt so bleibt wie sie ist, will nicht, dass sie bleibt.” (Erich Fried)
Der Kapitalismus ist ein System, von dem einige Wenige auf Kosten der breiten Mehrheit profitieren. Ein immer größerer Teil der Weltbevölkerung lebt in extremem Elend, auch in Europa und Österreich geht die Schere zwischen Reich und Arm immer weiter auseinander. Kriege werden wieder zu einem selbstverständlichen Mittel der Politik und die Umwelt wird auf Kosten von Profiten zerstört. Für uns junge KommunistInnen steht fest, dass die Welt nicht bleiben darf, wie sie ist.
Kapitalismus in der Offensive
„Es herrscht Klassenkrieg, richtig. Aber es ist meine Klasse, die reiche Klasse, die Krieg führt und wir sind dabei, zu gewinnen.“ So beschrieb einer der reichsten Männer der Welt, Warren Buffet, die aktuellen Vorgänge in der Welt. Diese Welt ist die Welt eines (beinahe) globalen Kapitalismus in seinem höchsten Stadium, dem Imperialismus. Dieses System ging angesichts seiner eigenen Krise und mangelnder Gegenwehr von unten in den letzten 20 Jahren in eine radikale Offensive über. Auf der einen Seite stehen dabei einige wenige Profiteure, auf der anderen Seite die, die durch die Arbeit den Reichtum schaffen.
Die Kosten der kapitalistischen Krise werden auf die breite Masse der Bevölkerung abgewälzt. So werden etwa die milliardenschweren Bankenrettungspakete nicht von den Verursachern der Krise, den Banken und großen Konzernen, bezahlt. In Form von Belastungspaketen, Sozialabbau, Teuerung und sinkenden (Real-)Löhnen müssen die ArbeiterInnenklasse und die Jugend dafür aufkommen. Das führt dazu, dass der Lebensstandard für den Großteil der Menschen in den kommenden Jahren deutlich sinken wird. Ein sinkender Lebensstandard heißt konkret: niedrigere Löhne, steigender Arbeitsdruck, hohe Arbeitslosigkeit, sinkende Sozialleistungen, höhere Mieten, steigende Preise, Anstieg von Armut und vor allem fehlende Zukunftsperspektiven. Was wir derzeit in Griechenland oder Portugal beobachten können, wird auch die Bevölkerung der vermeintlich „starken“ kapitalistischen Staaten wie Deutschland und Österreich mit voller Wucht treffen.
Frontalangriff auf soziale Rechte
Die vermeintlichen Anti-Krisen-Rezepte der wirtschaftlichen und politischen Eliten lösen die Probleme nicht, sondern verschlimmern diese weiter. Schließlich schreitet man den Weg, der eben in den Crash von 2007 geführt hat, noch entschlossener voran. Wir befinden uns in einer Phase des Frontalangriffs der Herrschenden auf unsere Rechte und unsere Zukunft: Die Zerschlagung des Sozialwesens, die Aushöhlung des Pensionssystems und die Aushebelung von Kollektivverträgen. Zudem werden Bildung, Kultur und Gesundheitswesen immer weitgehender privatem Profitstreben unterworfen.
Mit diesem Sozialabbau werden die Profitinteressen von Banken und Konzernen bedient. Die Privatisierungen sollen ihnen neue Geschäftsfelder erschließen. Dafür muss die Bevölkerung bluten. All das passiert unter dem Druck der nationalen Eliten sowie dem Diktat von Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB), Europäischer Union (EU) und den mystifizierten „Finanzmärkten“. In den südeuropäischen Staaten, wo diese gewaltigen Umverteilungsprozesse zugunsten der Vermögenden bereits voll im Gange sind, hat dies erwartungsgemäß schnurstracks in eine tiefe Rezession geführt. Der Karren wurde also noch weiter in den Dreck gefahren.
„Es lebe die Krise!“
Die reaktionären Krisen„lösungs“rezepte sind aber nicht etwa verrückt, sondern im Rahmen des Kapitalismus völlig rational. Die Krise macht es den Eliten möglich, tausende Stelle im öffentlichen Dienst zu streichen, Gehälter und Urlaubstage zu kürzen, ganze Wirtschaftsbereiche an private Investoren zu verscherbeln, das Arbeitsrecht auszuhöhlen oder die Kosten für Gesundheitsvorsorge zu erhöhen. Damit gehen die kühnsten Träume der „neoliberalen“ Einpeitscher in Erfüllung. Das zeigten auch die Reaktionen der herrschenden Klasse, die die sozialfeindlichen Maßnahmen von EU und IWF überschwänglich begrüßten. Ohne die Krise wäre ein derartiger Raubzug kaum denkbar gewesen. Nun bekommen die Eliten alles auf einmal, als fielen Ostern und Weihnachten auf einen Tag.
Das Ende der Demokratie
In diesem Krieg der reichen Klasse spielt Demokratie schon lange keine Rolle mehr. Seit Jahren ist zu beobachten, dass finanzstarke Wirtschaftslobbys der Politik ihre Vorgaben diktieren. Diese Vorgaben werden von den systemkonformen Parteien willig umgesetzt – ganz gleich, ob diese sozialdemokratisch, konservativ, grün oder rechts sind. Mit der Zuspitzung der kapitalistischen Krise spitzt sich auch die Krise der bürgerlichen Demokratie zu: Ein System, das beständig gegen die Mehrheit der Bevölkerung agiert, beginnt diese nun zu fürchten.
Die EU als Brandbeschleuniger des Sozialabbaus
In diesem Licht ist das Agieren der Europäischen Union in der „Euro-Krise“ zu sehen. 27 Staaten haben abzunicken, was die deutschen und französischen Eliten aushandeln. Volksabstimmungen über tiefe Eingriffe in die staatliche Eigenständigkeit werden aus Angst vor der Meinung der Bevölkerung umgangen. In Griechenland und Italien wurden von der EU „Expertenregierungen“ eingesetzt, die keinerlei demokratische Legitimation haben, um die Kürzungsprogramme auf Kosten der Bevölkerung durchzupeitschen.
Bei genauerem Hinsehen wundert dies freilich nicht: Die EU ist ein Projekt der kapitalistischen Eliten der größten Banken und Konzerne, und das ist sie seit ihrer Gründung. Auf der Basis der EU-Verträge setzen ihre Mitgliedsstaaten eine strikte Politik des Sozialabbaus, der Privatisierung und der militärischen Aufrüstung um. Die Phrasen von „Friedensprojekt“ und „europäischer Integration“ sind spätestens mit der gegenwärtigen Krise entzaubert, in der die wahren Machtverhältnisse offen zu Tage treten. Die Politik des sozialen Kahlschlags wird notfalls mit Polizeiknüppeln durchgesetzt: Das Kapital diktiert, der Mensch verliert.
Imperialismus heißt Krieg, Hunger und Umweltzerstörung
Außerhalb Europas wird der verbrecherische Charakter des kapitalistischen Systems noch deutlicher. Fast eine Milliarde Menschen sind permanent schwerstens unterernährt, obwohl mehr als genügend Nahrungsmittel vorhanden sind. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Jeder fünfte Mensch auf der Erde hat weniger als einen Dollar pro Tag für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung. Sauberes Trinkwasser, medizinische Versorgung, ein Dach über dem Kopf und Bildung bleiben einem beträchtlichen Teil der Weltbevölkerung verwehrt. Millionen Menschen sterben jährlich an Hunger, verunreinigtem Trinkwasser oder heilbaren Krankheiten.
„Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich.“ (Bert Brecht)
Andererseits: glaubt man UN-Angaben und anderen Quellen, besitzen die drei(!) reichsten Männer der Welt ein größeres Vermögen als die 48 ärmsten Länder. Sie zählen 600 Millionen EinwohnerInnen. Laut Forbes-Reichenliste gibt es weltweit 1210 Dollar-Milliardäre, die etwa 4,5 Billionen Dollar besitzen. Das ist viermal so viel, wie die untersten vier Milliarden Menschen zusammen besitzen. Die 500 weltgrößten Konzerne kontrollieren dabei 70 Prozent des Welthandels und 25 Prozent der Weltproduktion.
All diese Daten haben sich in den vergangen Jahr massiv zugunsten der Vermögenden und zum Nachteil der Armen entwickelt. Dafür sorgt das System des globalen Kapitalismus. So wurden den sogenannten „Entwicklungsländern“ über Jahrzehnte durch IWF und Weltbank Bedingungen aufgezwungen, die die Profite westlicher Konzerne maximierten und die Ausbeutung verschärften. Heute setzt sich dieser Trend in Europa fort. Falls diese Politik der Erpressung nicht greift, wird sie mit anderen Mitteln fortgesetzt. Und zwar in Form von Kriegen.
„Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich, wie die Gewitterwolke den Regen.“ (Jean Jaures)
Von Jugoslawien bis zum Irak, von Afghanistan über Libyen, den Tschad, Kurdistan und Palästina bis Kolumbien ist die Welt Schauplatz von offenen und versteckten Kriegen; jedenfalls aber immer Kriegen, unter denen hunderttausende Menschen leiden, in denen zerstört und getötet wird. All das geschieht im Interesse des Profits: Es geht um wirtschaftliche Interessen, Macht und geopolitischen Einfluss. Die europäischen und US-amerikanischen Kriegstreiber verwenden zur Rechtfertigung ihrer Kriege Wörter wie „Menschenrechte“ und „Demokratie“. Man darf sich davon nicht täuschen lassen: Wer im eigenen Land Politik gegen die Bevölkerung macht, tritt in den Kriegsregionen die Menschenrechte nur noch fester mit Füßen.
„Ihr geht mit der Welt um, als hättet ihr eine zweite im Keller!“
Das Atomunglück in Fukushima, die Ölpest im Golf von Mexiko oder auch umweltzerstörende Bauprojekte hierzulande zeigen, dass wirtschaftliche Interessen im Kapitalismus stets Vorrang vor Naturschutz haben. Die Ausbeutung natürlicher Ressourcen, der Ausstoß von Schadstoffen und die Anhäufung biologisch schwer abbaubaren Mülls hat mittlerweile eine Größenordnung erreicht, die für die Menschheit existenzgefährdend geworden ist. Der Klimawandel führt zu Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Dürre, Stürmen oder Flächenbränden.
Exkurs: Der Kapitalismus war als Kind schon scheiße!
Weil sich all die Verbrechen des kapitalistischen Systems nicht länger leugnen lassen, wird nun allerorts von den furchtbaren „Auswüchsen“ des „Raubtierkapitalismus“ gesprochen. Das Ziel dahinter ist unschwer erkennbar: Das System selbst soll für unschuldig erklärt werden. An seinen negativen Auswirkungen sind wahlweise eine Handvoll „gierige Banker“, „böse Spekulanten von der US-Ostküste“ oder die „Verhältnisse, über denen wir gelebt hätten“, schuld.
Der Kapitalismus ist aber ohne seine „Auswüchse“ gar nicht denkbar. Armut, Arbeitslosigkeit, Hunger oder Kriege sind in seinem Wesen begründet: Im Kapitalismus sind die Produktionsmittel – also Fabriken, Grundstücke, Maschinen etc. – in privaten Händen, sie gehören der reichen Klasse, den Kapitalisten. Ihnen gegenüber steht die ArbeiterInnenklasse, die ihre Arbeitskraft verkaufen muss und durch ihre Arbeit allen Reichtum schafft. Dieser Reichtum kommt aber nicht der Allgemeinheit zugute, sondern landet in den Taschen der Unternehmer, Bankiers und Aktienbesitzer. Darin besteht das Wesen der kapitalistischen Ausbeutung. Dieser grundsätzliche Widerspruch – gesellschaftliche Produktion und private Aneignung des Reichtums – lässt sich nur lösen, wenn die Produktionsmittel in gesellschaftliches Eigentum übergehen und damit auch der geschaffene Reichtum allen gehört. Die rasante technische Entwicklung hat längst die Bedingungen geschaffen, dass alle Menschen in Wohlstand leben könnten.
Lügen, Lügen, nichts als Lügen.
Doch das Kapital hat einen gewaltigen Propaganda-Apparat aufgebaut, damit die Menschen dieses Spiel dennoch mitspielen. Die Interessen der Eliten werden von Politikern, Zeitungen und Nachrichtensendungen als allgemeine Interessen verkauft. Ob es um Sparpakete, wirtschaftliche Prognosen, Korruption oder Krieg geht: Es wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Und mittels Fernsehen, Internet, Radio und Magazinen werden schnelle Autos, große Brüste und Konsumrausch als glückselig machende Lebensinhalte dargestellt. Weil für die Meisten die bunten Trugbilder aber unerreichbar bleiben, braucht es Sündenböcke. Mit rassistischer und antisemitischer Hetze wird von der Verantwortung des Kapitals für Sozialabbau, Arbeitslosigkeit und Armut abgelenkt. Opfer dieser Politik sind Menschen, die ohnehin am untersten Ende der Gesellschaft stehen. Damit wird den Menschen Sand in die Augen gestreut.
„Ändere die Welt. Sie braucht es!“ (Bert Brecht)
Wir sollen uns als vereinzelte Wesen sehen, die dem politischen Geschehen ohnmächtig gegenüberstehen. Millionen Individuen sollen in Konkurrenz zueinander darum kämpfen, ihre Arbeitskraft auf dem freien Markt verkaufen zu können – natürlich zu besten Bedingungen für die Unternehmerseite. Die Welt und unser Umfeld gelten ohnehin als unveränderbar, ihre Geschicke liegen in den Händen der mächtigen Konzernbosse und ihrer Staatschefs.
Aber die Welt ist veränderbar – und zwar von uns! Die Geschichte der revolutionären ArbeiterInnenbewegung – von der Paris Kommune über die Oktoberrevolution, die sozialistischen Staaten, die kubanische Revolution bis hin zu den heutigen antiimperialistischen Befreiungsbewegungen – zeigt, dass die Mächtigen zu zittern beginnen, wenn die Schwachen nicht mehr dem Trugbild von einem über den Klassen stehenden bürgerlichen Staat auf den Leim gehen und sich zusammenschließen.
„Die Revolution ist großartig, alles andere ist Quark!“ (Rosa Luxemburg)
Daran anknüpfend, liegt unsere Hoffnung im Aufbau von Widerstandsstrukturen in Österreich, Europa und weltweit. Für uns gibt es keine Alternative zur aktiven, unermüdlichen, solidarischen, demokratischen Organisation der revolutionären Gegenmacht. Nur durch Widerstand von unten können die Angriffe des Kapitals auf soziale und demokratische Rechte abgewehrt werden und das System schließlich gestürzt werden. Unser Ziel ist und bleibt es, „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.” (Karl Marx)