…beißen nicht. Ein Abriss über die Entstehung der Grünen in den Neuen Sozialen Bewegungen, ihre Anbiederung an das Establishment, ihre Integration in die herrschenden Verhältnisse und ihr „realpolitisches“ Elend.

Ein bisschen Frieden

Die Umwelt- und Friedensbewegungen der 70er und 80er waren die gesellschaftliche Entwicklung aus der die grünen Parteien entstanden sind. Die Neuen Sozialen Bewegungen waren klassenübergreifende Zusammenschlüsse (heute würde man den schwammigen Begriff der „Zivilgesellschaft“ bemühen), die sich in Österreich gegen die Inbetriebnahme des AKWs Zwentendorf, durch die Besetzung der Hainburger Au und in der Friedensbewegung Anfang der 80er hervortaten. Es lag vielfach die Annahme zugrunde, dass Umweltzerstörung, Krieg oder Sexismus nicht im Klassenantagonismus, nicht im Privateigentum an Produktionsmitteln verwurzelt sind, sondern die Wurzeln in Technik, Wirtschaft und bestimmten Institutionen und Strukturen zu finden seien. Der Großteil der Grünen hatte von Anfang an keine systemüberwindende Perspektive und sie verstanden sich somit – allen Bambus-Patscherl, Strickjacken, Jogi-Tees und Revoluzzern zum Trotz – als systemimmanente und damit systemstützende Fraktion. Trotzdem gab es in den Anfängen sicherlich gemeinsame Ziele und natürlich engagierten sich Kommunistinnen und Kommunisten im Rahmen einer Bündnispolitik zahlreich in der Umwelt- bzw. Friedensbewegung.

 

Make love and war

In den Neunzigern war die Integration der Grünen in den politischen Mainstream abgeschlossen. Mit der Unterstützung des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs der NATO gegen Jugoslawien (O-Ton Van der Bellen: „Ich habe übrigens noch nie ein schlechtes Wort über die NATO gesagt.“[1]) verwandelte die Partei der Friedensbewegung ihr Grün der Sonnenblumen in ein Olivgrün der Uniformen, Stahlhelme und Panzer. Obwohl sich die österreichischen Grünen in der Öffentlichkeit durchaus gegen die Aggression aussprachen, unterstützten sie zeitgleich ihre deutschen Kolleginnen und Kollegen bei der Einschwörung auf den Imperialismus. Angeführt wurden diese Bestrebungen von ihren EUropäischen partners in crime Daniel Cohn-Bendit und Joseph „Joschka“ Fischer. Begründet wurde die Kriegstreiberei mit der Verhinderung eines vermeintlichen Genozids: die Unfassbarkeit einen deutschen Angriffskrieg mit dem Verweis auf Auschwitz zu rechtfertigen trotzt im Grunde jedem Vergleich. Die Grünen der Alpenrepublik standen mit einem „kritischen Ja“ zu ihrer bombenden und mordenden Schwesterpartei und sie hatten nur zu gutes Verständnis dafür, dass eine Regierungspartei in einem kriegsführenden Land eben anders auftreten muss als eine Oppositionspartei in einem „neutralen“ Land (auf die österreichische Hilfe bei der Zerschlagung Jugoslawiens kann hier nur am Rande verwiesen werden). Was mit aller zaghaften und wirkungslosen Friedensrhetorik der österreichischen Ökopartei Hand in Hand ging, war die Verabschiedung von jeglichen antimilitaristischen Grundsätzen und Krieg wurde als legitimes Mittel zur Durchsetzung der politischen, strategischen und wirtschaftlichen Ziele der Herrschenden akzeptiert. Für Österreichs Grüne waren zu diesem Zeitpunkt Feldzüge mit UN-Mandat kein Thema mehr. Um ein Mandat der UNO zu bekommen, darf kein Mitglied des UN-Sicherheitsrats von seinem Vetorecht Gebrauch machen – und genau das war unserer Friedenspartei ein Dorn im Auge: Peter Pilz forderte die Abschaffung des Vetorechts und solange dies nicht passiert, sind Kriege ohne Mandat zwar irgendwie doof, aber, naja, was soll man denn machen?

 

Juchu! Die grüne EU

Die Europäische Union als Projekt der Konzerne und Generäle, wird von Grünen als Chance gesehen gemeinsam zu wachsen, sich auszutauschen, blablabla. Was es mit der EU eigentlich auf sich hat, kann in der vorneweg Sommer 2009 nachgelesen werden. Der sich sonst als kritisches Aushängeschild inszenierende Peter Pilz marschiert, wenn es um eine Verfassung für die EU geht, artig im Gleichschritt mit den europäischen Eliten. Hier werden gemeinsame EU-Schlachttruppen („Battle Groups“), Beistandspflicht, Abschaffung der – Reste der – Neutralität, weitere Militarisierung und Sozialabbau ganz bewusst unterstützt. Pilz hierzu: „Wir wollen in der EU gemeinsame Streitkräfte mit einem gemeinsamen Verteidungsminister.“[2] Dem grünen ehemaligen EU-Politiker Johannes Voggenhuber, der mit Friedenslosungen Stimmen gewinnen konnte,  schwebt in einem Papier zur Zukunft der EU gar eine vollständige Zentralisierung der Außen-, Rüstungs- und Militärpolitik vor. So ist er mittlerweile zu einem  Befürworter des Afghanistankriegs geworden.

 

Neoliberale „Realpolitik“

Die Grünen drängen immer vehementer zur Teilnahme in diversen Regierungen und als „Juniorpartner“ haben sie es in Wien, Oberösterreich und Graz mittlerweile endlich auch selbst an die Hebel der Macht geschafft. Nicht zu vergessen natürlich die Rot-Grüne-Koalition, die in Deutschland sieben Jahre lang regierte. So unterschiedlich diese Beteiligungen sein mögen, eines haben sie gemeinsam: einen harten, neoliberalen Kurs gegen die Interessen der arbeitenden und lernenden Bevölkerung. In der BRD zog man in dieser Zeit das ganze Register. Es wurden und werden zwei Angriffskriege geführt, Sozialabbau betrieben, die unmenschlichen Hartz-IV Gesetze beschlossen, privatisiert auf Teufel komm raus, usw. In Österreich verscherbeln die Grünen an der Donau öffentliches Eigentum, während die Grünen an der Mur Öffi-Preise in die Höhe treiben und Mieter aus Sozialwohnungen vertreiben. Was in Wien kommen wird, können wir noch nicht sagen. Sie sind heute bei allem dabei, wogegen sie einst aufgestanden sind und niemand scheint so regierungstauglich zu sein wie die Grünen. Aber wozu taugt schon eine Regierung?

 

Fundis, Realos, Spontis, Basisdemis und andere Spinnis

Durch die Grünen ist keine Veränderung des Systems zu machen und keine nachhaltige Veränderung zum Positiven in diesem System. Aus einem Elfenbeinturm heraus blickend sehen sie kein Subjekt zur Veränderung und in letzter Konsequenz zum Umsturz der Diktatur des Kapitals. Wie immer man die Anfänge der grünen Bewegung auch einschätzen mag, wie pluralistisch da auch in einem basisdemokratischen Sumpf oder in verschiedenen Jugendorganisationen dahingedümpelt wird oder wie sehr ein verbaler Radikalismus tradiert wird – es bleibt nur ein Schluss übrig: die Grünen sind vermeintlich(!) liebe Trottel, die sich emotionalisierend auf einen moralischen Anspruch berufen, der zwar nie vorhanden war, aber bequem eine Klassenanalyse ersetzt. Sie sind heute mehr denn je zuvor willfährige Diener der Herrschenden.

 


[1] Profil, 6. April 1998

[2] Der Standard, 9. Oktober 2007