Ist die Krise weiblich? Sowohl in der ersten Phase des „Krisenmanagements“, dem Schnüren von Konjunkturpaketen für die Wirtschaft, als auch in der zweiten Phase, gekennzeichnet durch staatliche Einsparungen, werden Frauen stärker benachteiligt.

Gender Budgeting

„Bund, Länder und Gemeinden haben bei der Haushaltsführung die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern anzustreben“, gibt Artikel 13, Absatz 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes bekannt. Das Prinzip des Gender Budgeting auf Verfassungsrang zu heben, wie dies 2009 geschehen ist, ist an sich begrüßenswert. Konkret bedeutet dies, dass Budgetpläne sowohl hinsichtlich öffentlicher Ausgaben als auch ihrer Einnahmen daraufhin geprüft werden, ob sie die Gleichstellung der Geschlechter fördern.

Dies betrifft also auf der einen Seite die Verteilung der Staatsausgaben – für welche Bereiche steht wie viel Geld zur Verfügung? – und auf der anderen Seite an den Staat zu leistende Abgaben – wer zahlt für was wie viel Steuern? Diese beiden Bereiche werden hinsichtlich der Frage, ob Frauen oder Männer von konkreten Verteilungspolitiken besonders profitieren bzw. durch diese benachteiligt werden untersucht, wobei bei Unterschieden eine Gleichstellung anzustreben ist. Es drängt sich die Frage der Möglichkeiten der praktischen Umsetzung als auch deren Einfluss auf tatsächliche (Un)Gleichstellungen auf.

„Männliche“ Arbeitsplätze wichtiger als „weilbiche“?

Betrachtet man die Strategien im Umgang mit der Krise und ihren Folgen, lässt sich Folgendes feststellen: Die verabschiedeteten Konjunkturpakete der letzten Jahre waren vor allem darauf abgezielt, traditionell männlich dominierte Branchen, wie die Autoindustrie oder die Bauwirtschaft, wieder in Gang zu bringen. Dies mag in der ersten Phase der Krise durchaus berechtigt gewesen sein, bekamen doch genau diese Sektoren die Auswirkungen zu Beginn am heftigsten zu spüren. In weiterer Folge jedoch war auch eine große Anzahl an Arbeitsplätzen in weiblich dominierten Wirtschaftzweigen, wie im Handel, der Gastronomie oder dem Gesundheits- und Sozialbereich bedroht – die nötigen Maßnahmen zu deren Sicherung blieben jedoch aus. Zum Vergleich: In Industrie und Gewerbe sind 40% aller erwerbstätigen Männer beschäftigt, jedoch nur 10% aller erwerbstätiger Frauen. Im Gegensatz dazu sind 85% der Frauen und 57% der Männer im Dienstleistungssektor beschäftigt. Das Fehlen „weiblicher“ Konjunkturpakete führte zum Verlust von Vollzeitarbeitsplätzen im Dienstleistungssektor und dazu, dass der Prozentsatz an in Teilzeitverhältnissen beschäftigten Frauen im Jahr 2010 auf 45% anstieg[1].

Integration am Arbeitsmarkt erschwert

Die Einsparungsmaßnahmen des kürzlich verabschiedeten Konsolidierungspakets lassen vermuten, dass auch diese vor allem Frauen benachteiligen. Da Frauen eher armutsgefährdet sind als Männer und stärker von staatlichen Sozialleistungen abhängig sind, würde beispielsweise eine höhere Versteuerung von Reichtum tendenziell eher Frauen zugute kommen. Ganz im Gegenteil von Sparpaketen, die eine weitere Benachteiligung von Frauen mit sich bringen. Auf der einen Seite durch die Einsparungen an staatlichen Transferleistungen (Beihilfen, Unterstützungen etc.) und auf der anderen Seite durch die fehlenden Investitionen in zum Beispiel Pflege- und Betreuungseinrichtungen. Nicht nur, dass dadurch wie bereits erwähnt, die Neuschaffung von Arbeitsplätzen in diesen Bereichen ausbleibt. Ein mangelndes Angebot an leistbaren Pflege- und Betreuungsplätzen für ältere Menschen und Kinder führt dazu, dass Pflegetätigkeiten wieder im Privaten stattfinden, d.h. hauptsächlich Frauen diesen unentgeltlich nachkommen müssen, wodurch ihr Anteil am Arbeitsmarkt, vor allem in Vollbeschäftigungsverhältnissen, zurückgeht.

Profitieren würden nicht nur Frauen

Ob in der Verfassung verankert oder nicht, der Wert eines Bekenntnisses zum Gender Budgeting geht nicht über die symbolische Ebene hinaus, solange Frauen strukturell daran gehindert werden, in gleicher Weise wie Männer am Erwerbsleben teil zu haben. Die Krise und der Umgang mit selbiger zeigen auch in diesem Bereich ihre reaktionären Auswirkungen. Von einer Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von oben nach unten hingegen, vom Ausbau des Sozialbereichs und einer tatsächlichen Integration von Frauen am Arbeitsmarkt würden nicht nur Frauen im Speziellen, sondern der Großteil der Bevölkerung im Allgemeinen profitieren.

[1]Die Zahlen sind der Website des ÖGB entnommen. Siehe: https://www.oegb.at/servlet/ContentServer?pagename=OEGBZ/Page/OEGBZ_Index&n=OEGBZ_11.3.a&cid=1312798624296

Vorabveröffentlichung aus vorneweg. Zeitung für Veränderung