Alexandra Michailowna Kollontai wurde am 31. März 1872 als Tochter einer Finnin und eines russischen Generals in St. Petersburg geboren. Nach ihrem Gymnasialabschluss absolvierte sie eine Ausbildung zur Lehrerin, nachdem ihr Wunsch zu studieren von ihren Eltern abgelehnt worden war. Bald darauf focht sie ihren ersten harten Kampf gegen die Traditionen ihrer Eltern aus: Sie heiratete den mittellosen Ingenieur Vladimir Ludvigovich Kollontai, dessen Name sie auch nach der Scheidung behielt. Aus dieser Ehe ging ein Sohn hervor, den sie alleine aufzog. Doch sie betonte immer wieder, dass die Mutter- und Hausfrauenschaft nie der Mittelpunkt ihres Lebens gewesen war.
1898, mit 26 Jahren, inskribierte sie sich schließlich für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Uni Zürich. Ein Jahr später kam sie nach Russland zurück, traf dort Lenin und trat der Sozialdemokratischen Partei Russlands bei. Auch während ihrer späteren Studienzeit in Zürich befasste sich Kollontai mit den marxistischen Ideen und hielt Kontakt zur Partei.
1905 kehrte sie nach Russland zurück, musste aber drei Jahre später aufgrund ihrer regierungskritischen Schriften ins Exil (u.a Paris und die USA). Nach ihrer Rückkehr nach Russland im Februar 1917 schloss sie sich wieder den RevolutionärInnen an. Nach dem Sieg der Bolschewiki war sie bis März 1918 im Kommissariat für Volkswohlfahrt tätig und übernahm 1920 den Vorsitz der Frauenabteilung beim ZK der Partei. Sie gehörte als erste Frau dem revolutionären sowjetischen Kabinett an und war damit gleichzeitig auch die erste Ministerin der Welt. In diesen Positionen kämpfte sie fortwährend für die Gleichberechtigung von Mann und Frau, denn “die wirklich befreite Frau muss materiell vom Mann unabhängig sein und von den mit der Mutterschaft verbundenen Pfl ichten entlastet werden.”. So trat sie dafür ein, die Hausarbeit in Form von Volksküchen und kollektiver Kindererziehung zu vergesellschaften und somit auch zu entlohnen. Weiters setzte sie sich für die Lockerung des Eherechtes und für einen besseren Mutterschutz, sowie für das Recht auf Abtreibung ein.
Fast die Hälfte ihrer Werke entstand von 1917 bis 1921 und der Großteil davon befasste sich mit der Emanzipation der Frau. Für Kollontai stand eines immer im Zentrum: “Nicht die sexuellen Beziehungen bestimmen das moralische Ansehen der Frau, sondern ihr Wert im Arbeitsleben, bei der gesellschaftlich nützlichen Arbeit”. Sie sah die Frau nicht als ökonomisches oder gesellschaftliches Anhängsel des Mannes, sondern als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft, ohne welches der Sozialismus nicht realisierbar ist und umgekehrt es auch erst im Sozialismus wahre Gleichberechtigung von Mann und Frau geben kann.
Von 1923 bis 1946 vertrat sie die Sowjetunion als Diplomatin in Norwegen, Mexiko und Schweden. Danach zog sie sich aus der aktiven Politik zurück und starb am 9. März 1952 in Moskau.
Ihr Vermächtnis sind emanzipatorische Werke, die der Befreiung der Frau auf ökonomischer, gesellschaftlicher und sexueller Ebene dienen und der Blick auf das Leben einer Frau, die gegen konventionelle, patriarchale Strukturen aufbegehrte und den „Kampf der Geschlechter“ beenden wollte.
Literatur von Alexandra Kollontai:
- Die neue Moral und die Arbeiterklasse.
- Der weite Weg. Erzählungen, Aufsätze, Kommentare.
- Ich habe viele Leben gelebt. (Autobiographie).