177 Menschen starben 2011 in Österreich an den Folgen illegaler Drogen. Über Sucht, Gefahren und Nutzen von illegalen Substanzen.
Null Toleranz
In ganz Europa war es bis in das vergangene Jahrzehnt hinein normal, gegenüber harten Drogen[1], ja auch gegen Alkohol eine recht rigide Linie zu fahren. Zumindest handhabten das viele kommunistische Jugendverbände so, etwa die griechische KNE. Diese Null-Toleranz-Politik gegenüber dem Rausch hat verschiedene Ursachen. Eine hat ihren Ursprung im bewaffneten Kampf. So erzählte ein ehemaliger FARC-Kämpfer Wiener Genossen bei einem Bier vor ein paar Jahren von einem Marsch durch den Dschungel. Um die Strapazen bei Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit zu ertragen, betrank sich ein Kämpfer heimlich. Plötzlich glaubte er, feindliche Schüsse zu hören und zog seine Waffe – ein schweres Maschinengewehr. So ballerte er eine Weile ziellos im Wald herum. Die anderen KämpferInnen konnten ihn nicht zur Vernunft bringen. Und so warteten sie, geduckt und vergraben, bis ihm die teure Munition ausging. „Seitdem darf nicht mehr getrunken werden in der FARC“, sagte der Genosse verschmitzt.
Das Elend
Die Welt, in der wir leben, steckt tief in der Scheiße. Das System, in dem wir leben, ist scheiße. Das wirkt sich direkt auf das Leben aller Menschen aus. Ein Schicksalsschlag – ein schlechter oder kein Job, plötzliche Armut, eine schmerzhafte Trennung – kann jedeN aus der Bahn werfen. Manche können diesem grauen Alltag nur entkommen, indem sie kiffen und saufen, bis sie wach oder bummfett sind (siehe auch folgender Artikel). Den anderen reicht der Suff schon nicht mehr, sie greifen zu Pille, Schnee, Schwammerln, Spritze, Tröpfchen. Die Folge: Verschuldung, Abhängigkeit, Haftstrafen. Kurzen Stimmungshochs folgen Depressionen und Paranoia. Personen, die eine Veranlagung für geistige Erkrankungen haben, sind besonders durch den Konsum bewusstseinsverändernder Mittel[2] gefährdet. Suchtexperten haben zudem herausgefunden, dass viele Drogenabhängige bereits psychisch krank sind.[3] Kurzum: es wird oft einfach nur noch schlimmer.
Die Verdammten
Das ist natürlich nur bei den “ärgsten” Drogen so, obgleich in Einzelfällen auch nachgewiesen wurde, dass Cannabis etwa Schizophrenie auslösen kann. Andererseits haben einige US-Staaten erfolgreich die therapeutischen Vorzüge von Marihuana als Schmerzmittel nachgewiesen. Dem steht die Pharmaindustrie jedoch feindlich gegenüber. Würde Gras als Schmerzmittel zugelassen und etwa unter staatlicher Kontrolle hochwertig gezüchtet werden, würden dieser Branche jährliche Millionengewinne entgehen. So nützt den Riesen der Pharmaindustrie der Medikamentenmissbrauch sogar. Auf diese Weise sichern sie sich treue Kunden – ähnlich dem Wirten um’s Eck, der immer nur Gösser, Puntigamer und Wieselburger ausschenkt.
Zurück zu Marihuana: Gras war 2011 die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Österreich. Natürlich käme kaum jemand auf die Idee, den durchschnittlichen Bobo-Studi-Kiffer als drogenabhängig zu bezeichnen. THC ist trotzdem ein Suchtmittel. 30 bis 40 Prozent der Drogenkonsumenten machten 2011 davon Gebrauch. Zwei bis vier Prozent der Allgemeinbevölkerung haben Ecstasy geschmissen oder Koks geschnupft. Ein bis maximal zwei Prozent dürften Fixer sein. 177 Menschen starben insgesamt an den Folgen des Konsums illegaler Drogen.
Und wer wird zum Sündenbock gemacht? Die elenden Armen, die sich das Zeug geben, um der traurigen Realität entkommen. Nicht der Dealer (es sei denn, er ist schwarz) wird kriminalisiert, sondern der Konsument. Die Hetze, welche gegen Drogenabhängige gefahren wird, hilft den Herrschenden. So muss kein Geld für Rehab- und Resozialisierungsprogramme ausgegeben werden. Außerdem haben sie neben „den Ausländern“ so eine weitere Gruppe, mit der sich steigende Polizeiausgaben und verschärfte Sicherheitsgesetze rechtfertigen lassen. Ist der Fixer gemeint, sind wir alle gemeint. Wer nicht klar im Kopf ist, wird die Zusammenhänge in der Welt nicht klar fassen können – zumindest weniger als jene, die etwa durch die Massenmedien manipuliert sind. Drogenabhängige werden weiter ausgegrenzt, um irgendwann auch den Rest von uns immer weiter in die Enge treiben zu können.
„Ein klarer Kopf ist die beste Droge“[4]
Die Aufgabe von jungen KommunistInnen ist nun nicht, herzugehen und mit dem erhobenen Zeigefinger es den Herrschenden gleichzutun. Vielmehr müssen wir auf das kriminelle System und die Funktion der Doppelmoral[5] hinweisen, welche einen Keil zwischen die Menschen treibt. Gleichzeitig ist es unsere Aufgabe, Drogenabhängigen im Rahmen unserer Möglichkeiten dabei zu begleiten, von dem Zeug loszukommen und wieder ein geregeltes Leben aufzunehmen. Das ist unsere Pflicht als HumanistInnen, die wir keinen Menschen ausgrenzen und liegen lassen dürfen. Nicht zuletzt müssen wir über Gefahren und auch Nutzen von Drogen in unseren eigenen Reihen, aber auch darüber hinaus ehrlich reden. Niemals dürfen wir uns jedoch einer doppelzüngigen Heuchelei hingeben, wie sie konservativen Predigern eigen ist. Wir sind nicht da, um die Leute zu belehren. Vielmehr sind sie zu befähigen, sich frei nach Kant selber zu helfen, wieder auf den Beinen zu stehen anstatt in der Gosse zu liegen. Aufrecht, besonnen und nüchtern kämpft es sich am besten. Dann vergeudet man auch keine Munition, weil einem der Schnaps in der Hitze zu Kopf steigt.
[1]Das sind alle illegalen Drogen außer Cannabis.
[2]Kaffee und Zigaretten sind auch als Drogen zu betrachten, jedoch verändern sie nicht das Bewusstsein der KonsumentInnen.
[3]https://gesund.co.at/drogenkonsum-oesterreich-24975/
[4]Aus: Die Toten Hosen, „Kein Alkohol ist auch keine Lösung“.
[5]Siehe auch zur Akzeptanz von Alkohol im folgenden Artikel.