Es sind nur noch wenige Tage bis zur Nationalratswahl – und angesichts der allgegenwärtigen inhaltsleeren Wahl- plakate, ungewünschten adressierten Zusendungen und dem gefühlten zwanzigsten Fernsehduell kann die Zeit eigentlich gar nicht schnell genug vergehen.
Abseits der Massenmedien, die den Urnengang zum quasi-Sportevent samt umfassender „Analyse“ der unverbindlichen Phrasendrescherei der letzten Wochen hochstilisieren, wird die Nationalratswahl eigentlich von kaum jemandem als tatsächlich richtungsweisend empfunden. Und warum denn auch? Was von den Versprechen der etablierten Parteien zu halten ist, hat sich noch jedes Mal gezeigt. Aus den austauschbaren Slogans „für Bildung“ „für Arbeitsplätze“, „für Österreich“ und wie sie auch heißen mögen, werden in den nächsten fünf Jahren ohnehin wieder „alternativlos“ und „setzen uns vehement dafür ein, aber mit dem Koalitionspartner…“.
Vorauseilende Anpassung der „Alternativen“
Natürlich haben wir es in diesem Wahlkampf auch mit Überraschungen zu tun gehabt, aber deren Beschaffenheit wirft ein eher bezeichnendes Bild auf die Republik Österreich. Nachdem die bisherigen Parlamentsparteien ohnehin schon die Interessen der Reichen vertreten haben, kommen mit den vom Bau-Tycoon Hans-Peter Haselsteiner gesponserten NEOS und dem Team Stronach gleich zwei Parteien von Millionären dazu. Die vertreten zwar denselben neoliberalen Unsinn – staatliche Leistungen kürzen, Unternehmer weiter bevorzugen, Standortlogik – bringen das aber zielgruppengerechter hinüber als die alteingesessenen Freunderl der Marktwirtschaft.
Noch angepasster unter den angeblichen Alternativen sind da eigentlich nur mehr die auf ihren Plakaten fast ausschließlich auf Tier- und Kindersujets setzenden Grünen. Diese konnten bereits mit ihrer Zustimmung zum ESM-Vertrag unter Beweis stellen, „regierungstauglich“ zu sein, sprich im Zweifel alles durchzuboxen, was im Interesse der Banken ist. So ist es auch wenig verwunderlich, dass die einstige Aufdeckerpartei lieber einen Marienkäfer mit „genug gestritten“ plakatiert und das peinliche EVA-Magazin verteilt, als die Milliarden zu hinterfragen, die für Bankenrettungspakete geopfert werden, während für Bildung, Soziales und Gesundheit angeblich kein Geld da ist. Was eine blaue Regierungsbeteiligung bedeutet, kann derzeit ohnehin in der laufenden Gerichtsberichterstattung nachgelesen werden. Und rassistische Zuwanderungsgesetze und eine unmenschliche Abschiebepraxis schaffen die derzeitigen Regierungsparteien auch ohne die FP.
Spätestens am 30. September sind die Versprechen wieder vergessen!
Was nach dem kommenden Sonntag droht, steht völlig unabhängig vom konkreten Ergebnis bereits jetzt fest. Die größten Kürzungen im Sozialbereich, die üppigsten Erhöhungen von Politikerbezügen und Parteienförderung kommen in der Hoffnung, die WählerInnen seien vergesslich, immer möglichst bald nach den Wahlen. Und die wirklich Mächtigen stellen sich ohnehin keiner Wahl: Banken und Konzerne treffen täglich folgenschwere Entscheidungen, sind aber ausschließlich ihren Eigentümern verpflichtet.
Dennoch bleibt uns eine Wahl – aber 365 Tage im Jahr. Und zwar die, ob wir all die Angriffe der Herrschenden hinnehmen, oder uns gemeinsam zur Wehr setzen. Ob wir uns dadurch ruhig stellen lassen, dass es uns nicht noch schlechter geht, oder ob wir gleiche Chancen und Rechte für alle Menschen einfordern. Ob wir irgendwelchen weltfremden PolitikerInnen Glauben schenken und dann frustriert sind – oder ob wir uns selbst zutrauen, die Welt zu gestalten.