Trotz verschiedener rechtlicher Einschränkungen – das Verbotsgesetz von 1947 dürfte die mit Abstand weitreichendste und auch bekannteste sein – versuchen v.a. junge Nazis ihre menschenverachtenden Positionen unter die Menschen zu bringen. Die Kettenhunde des Kapitals, haben sich neue Aktionsfelder gesucht, um die durch den Kapitalismus perspektivenlos gewordene Jugendliche oder pleitegegangene Kleingeschäftstreibende für ihre Sache zu gewinnen. Neben der klassischen Aktionsform, den eindeutigen Demonstrationen, nutzen sie mittlerweile die Musik als auch die Mode für ihre Zwecke.
Gehörte zum Outfit des jungen aktiven (und zumeist männlichen) Faschisten bis zur Jahrtausendwende neben einem kahlgeschorenen Kopf, Springerstiefel mit weißen Schnürsenkeln auch eine Boberjacke, so versuchen die Schlägerbanden schon seit einigen Jahren dieses Schmuddel-Image abzulegen. Natürlich ist dieser Gebahrungsstil nicht komplett ausgestorben. Doch wenn man sich in der Schule, im Betrieb, auf der Universität, im Fußballstadion oder beim Fortgehen umsieht, könnte man leichtsinnig den Eindruck gewinnen, dass es kaum mehr Nazis gäbe. Doch dieser Eindruck täuscht gewaltig. Denn beim genaueren Hinschauen kann man erkennen, wieviel gewiefter Nazis zu Beginn des 21. Jahrhunderts versuchen, den braunen Sumpf auszudehnen.
Codes und Abkürzungen
Der heutige Nazi versucht zunächst durch seine Kleidung, seine hasserfüllte Ideologie meist verschlüsselt (und daher straffrei), aber immer öfter auch modisch ansprechend nach außen zu transportieren. Für den heutigen Nazi ist es auch wichtig, in der blassen Menge Gleichgesinnte zu erkennen, weswegen Nazis verschiedenste Symboliken, Zahlencodes und Abkürzungen verwenden und Kleidung tragen, die neuerdings von Nazis für die extrem rechte Szene professionell hergestellt und vertrieben wird.
Neben den bekannten und sehr eindeutigen Symbolen des Faschismus, wie dem Hakenkreuz, dem Reichsadler oder der Reichskriegsflagge (mit integriertem Hakenkreuz), gibt es noch etliche weitere, welche zwar ebenfalls im deutschen Faschismus Verwendung fanden, aber nicht verboten sind. Da wäre bspw. das von der Sturmabteilung (SA) häufig benutzte und für die Volksgemeinschaft aus Soldaten und Arbeitern stehende Hammer&Schwert-Symbol. Ein anderes und in der Naziszene weit verbreitetes Symbol, welches dem Hakenkreuz sehr ähnelt, ist die Triskele. Neben dem Totenkopf, der im deutschen Faschismus von der Schutzstaffel (SS) geprägt wurde und den kommenden Sieg über die Feinde symbolisierte, verwenden Nazis gerne das Keltenkreuz und die weiße Faust, um die Vormachtstellung der „weißen Rasse“ zu propagieren.
Doch nicht nur über Symbole kann man heute Sympathisierende oder Aktivisten der extrem rechten Szene erkennen, sondern auch anhand von Zahlencodes. Meistens stehen die Zahlen für einen Buchstaben an der entsprechenden Stelle im Alphabet, so auch bei dem bekanntesten Zahlencode: 88. Hier ist zweimal der achte Buchstabe und damit das „H“ gemeint. Daher steht 88 im rechten Kontext für „Heil Hitler“. Weitere häufig auf Autokennzeichen, aber auch auf Kleidung und in Form von Tattoos zu findende Zahlenkombinationen sind die 18 (Adolf Hitler) und die 28 (Blood and Honour). Blood and Honour ist ein Zusammenschluss von Nazis, das sich zum Ziel gesetzt hat, international faschistische Bands zu vernetzen, um über Konzerte/Festivals ihre Ideologie zu verbreiten. In Österreich fanden regelmäßig in Vorarlberg solche Konzerte statt. Häufig tauchen die 14 words („Wir müssen die Existenz unserer Rasse und die Zukunft unserer weißen Kinder sicherstellen“), ein rassistisches Zitat des US-Amerikaners David Lane, in faschistischen/rassistischen Zusammenhängen auf. Der eher an ein Spielergebnis angelehnte Zahlencode 168:1 soll an den 1995 verübten Bombenanschlag von Oklahoma City (USA) erinnern, wobei der Faschist Timmithy Mc Veigh 168 Menschen ermordete. Er (= 1) selber wurde 2001 durch eine Giftspritze hingerichtet.
Eigene Marken
Im Gegensatz zu früheren Jahren, als sich Nazis hauptsächlich Klamotten angezogen haben, die mit ihrer Ideologie einen Anknüpfungspunkt besaßen, wie bspw. die Sportmarken Fred Perry mit dem Lorbeerkranz, New Balance mit dem unverkennbaren „N“ oder auch Londsdale, in dessen Name NSDAP fast vollständig aufscheint, hat sich die neueste Generation mittlerweile eigene Marken geschaffen. Das bedeutet freilich nicht, dass Nazis nicht immer noch gerne Poloshirts von Fred Perry tragen, nur würden sie sich dann ins eigene Fleisch schneiden, da sich all diese Marken mittlerweile von diesen KundInnen distanziert haben und teilweise antirassistische Initiativen unterstützen.
Ein weitaus triftigerer Grund zur Etablierung eigener Modemarken innerhalb der rechten Szene dürfte der Gedanke gewesen sein, dass die (nicht unwesentlichen) Einnahmen teilweise zur Finanzierung der faschistischen Bewegung dienen könnten, was auch tatsächlich geschieht.
Die wohl weit verbreitetste und daher bekannteste Nazi-Kleidermarke ist Thor Steinar (gern als TS oder STNR abgekürzt), das im Oktober 2002 von Axel Kopelke in der Nähe Berlins gegründet wurde. Thor Steinar verbindet den Namen des Waffen-SS-Generals Felix Steiner mit dem aus der nordischen Mythologie stammenden Wettergott Thor. Daher verwundert es auch nicht, dass das Logo aus Runen besteht. Auch die Kleidung ist gespickt mit nordisch-mystischen Anspielungen, sowie tatsächlichen Glorifizierungen des deutschen Faschismus, wie das nebenstehende Leiberl „Wüstenfuchs“ bezeugt. Es spielt auf den Generalfeldmarschall und den „Afrikafeldzug“ der Wehrmacht befehligenden Erwin Rommel an. TS ließ zudem zur Fußball-WM der Männer 2010 in Südafrika T-Shirts produzieren, deren Aufdrucke voller Stolz die Namen von ehemaligen deutschen Kolonien in Afrika, wie Südwest-Afrika oder Bismarck-Archipel, zeigen.
Eine aus dem direkten Umfeld von Thor Steinar 2007 entstandene Marke nennt sich Erik&Sons, die sich als „ehrliche und authentische“ Alternative zu Thor Steinar präsentieren möchte, da TS von Teilen der extrem rechten Szene rein kommerzielle Interessen und eine Entfremdung von der Szene nachgesagt werden. So wie Thor Steinar spielt Erik&Sons ebenfalls mit nordisch-mystischen und altgermanischen Symboliken. Erik&Sons haben bspw. vor wenigen Jahren versucht, mitten in Berlin mit der Nazi-Hooligan-Band Kategorie C, ein Konzert zu veranstalten, welches jedoch letztlich untersagt wurde.
Aufklärung betreiben!
Die Gefahr an diesen beiden vorgestellten Nazi-Kleidungsmarken besteht an der Abkehr von eindeutigen Symbolen, was dazu führen kann, dass sich weniger antifaschistisch engagierte „Otto-Normal-Bürger“ ebenfalls mit solchem Gewand einkleiden, ohne sich bewusst zu sein, dass es sich um Kleidung von Nazis handelt. Dieses Umstand macht es für uns schwierig genau zu erkennen, wer Nazi ist und wer aus Unwissenheit oder schlechtem Geschmack zu diesen Marken gegriffen hat. Deswegen ist es umso wichtiger, massiv Aufklärung zu betreiben, so dass bspw. wie in Deutschland etliche Thor Steinar- und Erik&Sons-Filialen aufgrund massiver Proteste und Aktionen (Entglasungen, Farbangriffe, Zerstörung der Kleidung durch Buttersäure, etc.), fast nur mehr von rechtem Klientel aufgesucht werden bzw. sogar wieder dicht machen mussten.