Ein Kommentar von David Lang

Am 27. Oktober 2013 griffen 30, mitunter bewaffnete, „Unsterblich Wien“-Neonazis eine Versammlung der Kommunistischen Gewerkschaftsinitiative – International (KOMintern) an. Zur Zeit des Angriffs waren Familien mit kleinen Kindern im ATIGF-Lokal (EKH Wien) anwesend. Die Faschisten wollten sich über die enge Zugangstreppe einschleichen, MigrantInnen und KommunistInnen zusammen schlagen. Jedoch rechneten sie nicht damit, dass an diesem Sonntag viele GenossInnen anwesend waren. Ein Genosse hat sie zufällig auf der Stiege ertappt. Er wurde sofort niedergeschlagen: Schädelprellung, Rissquetschwunde und Gehirnerschütterung waren die Folge. Die Nazis wurden daraufhin zurück gedrängt, auf der Straße gestellt und ein knappes Dutzend von ihnen konnte der Polizei übergeben werden.

Juristisches Nachspiel

Stellt schon der Angriff an sich wohl eine neue Qualität von rechtsextremer Gewalt in den letzten Jahren dar, verstand es die österreichische Justiz noch einen drauf zu legen. Die Neonazis wurden am selben Tag auf freien Fuß gesetzt, U-Haft wurde keine verhängt. Zum Vergleich: unser unbescholtener Genosse Hüseyin saß zweieinhalb Monate in U-Haft aufgrund des Vorwurfs des Widerstands gegen die Staatsgewalt bei seiner Festnahme am 4. Juni. Von diesem Anklagepunkt wurde er schließlich freigesprochen, die Aussage des ihn belastenden Polizisten erwies sich als schlichtweg falsch. Der ebenfalls unbescholtene Josef saß für fünf Monate in U-Haft. Während also unbescholtene Antifaschisten in U-Haft gehalten werden, gehen amtsbekannte Neonazis (u.a. Vorstrafen wegen Wiederbetätigung und Körperverletzung) an dem Tag, an dem sie einen bewaffneten Angriff auf gewerkschaftliche, migrantische und kommunistische Strukturen gestartet haben, wieder frei. Im Gegensatz zu Josef und Hüseyin ging von ihnen laut Meinung der Staatsanwaltschaft offenbar keine Gefahr aus. In all diesen Fällen ist Hans-Peter Kronawetter der verantwortliche Staatsanwalt.

Am 9. September beginnt nun der Gerichtsprozess zum EKH-Angriff. Weitere Prozesstage sind der 16. und eventuell noch der 17. September. Die Anklagepunkte gegen die Faschisten lesen sich angesichts des massiven Angriffs wie ein schlechter Scherz: ihnen wird Hausfriedensbruch und in einem Fall Körperverletzung vorgeworfen. Im selben Prozess sind zwei Genossen, die den feigen Angriff der Neonazis abgewehrt, mit vielen weiteren zusammen alle Anwesenden beschützt und die Angreifer schließlich der Polizei übergeben haben, wegen Körperverletzung angeklagt. Angegriffene und Angreifer sitzen nebeneinander also auf der Anklagebank. Dass beim Aussenden der Prozessakten den Faschisten gemütlich die Wohnadressen der angeklagten Antifaschisten übermittelt wurden, sei nur am Rande erwähnt.

Unsere Solidarität gegen ihre Repression!

Selbst die – zumindest offiziell geltenden – Mindeststandards von Justiz in einem bürgerlichen Staat werden in Österreich immer weiter ad absurdum geführt. Was hier passiert, kann nur als eine riesengroße Schweinerei bezeichnet werden. Sollen wir auch noch unseren Kopf hinhalten, wenn die Faschisten unsere Lokale stürmen? Sollen wir der Polizei artig Danke sagen, wenn sie die Angreifer nicht erwischt und/oder mal wieder von einer unpolitischen Rauferei gesprochen wird? Sollen wir die Staatsanwaltschaft dafür bejubeln, dass wegen Hausfriedensbruch ermittelt wird und nicht wegen versuchtem Mord? Nein, das können wir nicht und das werden wir nicht!

Wir haben es satt, dass deutschnationale Burschenschafter in der Hofburg feiern, während in ganzen Stadtteilen der Ausnahmezustand verhängt wird, um Proteste zu verhindern. Wir haben es satt, dass wir eine nach dem anderen über Gummiparagrafen vor Gericht gezerrt werden. Wir lassen uns nicht einschüchtern und wir lassen uns nicht kriminalisieren. Wir werden immer gegen die Feinde einer Welt frei von Ausbeutung auf die Straße gehen und jeden Tag für diese Welt kämpfen. Der Angriff der Neonazis und das juristische Nachspiel stellen einen Angriff auf uns alle dar! Sie sind nichts anderes als ein Angriff auf alle fortschrittlichen Strukturen, auf alle Menschen, die ihren Protest auf die Straße tragen, auf alle, für die Gerechtigkeit, Freiheit, Demokratie und Frieden nicht nur Wahlkampfworthülsen sind.

Unsere Losungen können weiterhin nur lauten: Schulter an Schulter gegen Faschismus! Antifaschismus ist kein Verbrechen! Unsere Solidarität gegen ihre Repression!

 

Im Rahmen des anstehenden Prozesses wird von der Offensive gegen Rechts eine Demonstration unter dem Titel „Antifaschismus ist keine Verbrechen – Solidarität mit den Betroffenen von Neonazigewalt“ organisiert: 16. September – 18:00 – Uni Wien

David Lang ist Bundesvorsitzender der Kommunistischen Jugend Österreichs und Vorstandsmitglied der Partei der Arbeit