Erklärung der gemeinsamen Bundesleitung der Kommunistischen Jugend Österreichs (KJÖ) und des Kommunistischen StudentInnenverbands (KSV), Wien am 22.06.2018
ÖVP und FPÖ haben am 15. Juni einen Initiativantrag zur sogenannten Arbeitszeitflexibilisierung eingebracht, welcher noch im Juli beschlossen werden soll. Inhaltlich geht es im Wesentlichen darum, dass der 8-Stunden-Tag zwar als gesetzliche Normalarbeitszeit beibehalten werden soll, die maximale Höchstarbeitszeit aber auf 12 Stunden am Tag erhöht wird. Die wöchentliche Maximalarbeitszeit würde künftig 60 Stunden umfassen. Trotz aller Beteuerung, dass Überstundenzuschläge auch weiterhin bezahlt würden und man ja gar nicht 12 Stunden täglich arbeiten müsse (Stichwort: Freiwilligkeit!), ist diese Reform ein Angriff auf hart und opferreich erkämpfte Rechte der ArbeiterInnenklasse! Die VertreterInnen des Kapitals – namentlich der Chef der Industriellenvereinigung und der designierte Generalsekretär der Wirtschaftskammer – gaben in der Sendung “Im Zentrum” offen zu, dass die Zuschläge bei Gleitzeitregelungen wegfallen können. Und die angebliche Freiwilligkeit ist im Arbeitsrecht ohnehin eine vollkommene Farce! Denn wenn man als ArbeiterIn den Forderungen des Chefs nicht nachkommt, droht einem letztlich die Kündigung und im schlimmsten Fall die Entlassung. Und das weiß – aller Betreuungspflichten zum Trotz – auch das alleinerziehende Elternteil, das den viel zu schlecht bezahlten Job aber braucht, um überhaupt über die Runden zu kommen. Erschwerend kommt hinzu, dass mit der neuen Gesetzesvorlage immer größere Teile der lohnabhängigen Bevölkerung vom Arbeitszeitgesetz überhaupt ausgenommen werden sollen – hier wird die arbeiterInnenfeindliche Arbeitszeitrichtlinie der EU durchgepeitscht.
Statt Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich – wie sie auch zuletzt bei den Streiks zu den Kollektivvertragsverhandlungen im SWÖ-Bereich gefordert wurden – ist die schwarz-blaue Antwort auf Produktivitätssteigerung und steigende Lohnarbeitslosigkeit ganz im Sinne des Kapitals: Intensivierte Ausbeutung für diejenigen, die sich glücklich schätzen können, dass sie (weiterhin) ausgebeutet werden. Für die lohnabhängige Masse der Bevölkerung bedeutet das mehr Wochenarbeitszeit, weniger bezahlte Überstunden, weniger Freizeit, mehr Druck durch Chefs – und erhöhte Gesundheitsrisiken. Kurz und bündig: Die Arbeitszeitflexibilisierung stärkt das Kapital und schwächt die Werktätigen! Da sich die Gewerkschaften bisher trotzdem nur in alt bekanntem Verbalradikalismus üben, möchten wiralle JungarbeiterInnen und Jugendliche auffordern, Druck auf ihre Interessensvertretung – ob Gewerkschaft, ÖH oder SchülerInnenvertretung – auszuüben, damit sich diese gemeinsam mit euch und uns gegen diese Verschlechterungen stellt. Zugleich wollen wir keine Illusionen in die Sozialpartnerschaft schüren, denn diese hat in der Vergangenheit das Elend verwaltet statt großer Fortschritte für die Arbeitenden hervor zu bringen.
Als Kommunistische Jugend Österreichs (KJÖ) setzen wir uns für die Interessen aller Werktätigen in Österreich ein, möchten jedoch auf die besonderen Konsequenzen für JungarbeiterInnen und zukünftige Arbeitskräfte – also SchülerInnen und StudentInnen – hinweisen. Uns treffen diese Reformen schließlich schon beim Einstieg in die Lohnarbeit. Durch diesen Angriff wird unsere Arbeitskraft somit von Beginn an stärker verschlissen und ausgebeutet. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir als JungarbeiterInnen und zukünftige Werktätige unter den Vorzeichen einer Arbeitsmarktpolitik – wie sie seit dem Ende der Systemkonkurrenz – auch in Österreich verstärkt umgesetzt wird, zuletzt noch intensiviert durch die schwarz-blaue Regierung, überhaupt bis zur Pension gesund bleiben können, erscheint recht gering. Neben der Erhöhung der täglichen Arbeitszeit und der umfassenden Flexibilisierung der Lohnarbeit sollen wir aufgrund der laufenden Erhöhung des Pensionsantrittsalters auch insgesamt länger arbeiten. Parallel dazu wird ein Generalangriff auf die Sozialversicherung geführt, im Zuge dessen die AUVA zerschlagen werden soll. Die Liste der arbeiterInnenfeindlichen Reformen ließe sich noch lange fortsetzen und man fragt sich, welche Verschlechterung das Kapital uns als nächste Errungenschaft für die Lohnabhängigen verkaufen will.
Wir sind jung, aber nicht naiv! Wir fordern eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich auf 35h/Woche als ersten Schritt zur 30h/Woche! Wir fordern sechs Urlaubswochen für alle! Wir fordern eine Erhöhung der Mindestlehrlingsentschädigung auf 1000€! Die Aufteilung der gesellschaftlich notwendigen Arbeit auf möglichst viele Arbeitende zu einem menschenwürdigen Lohn ist das beste Mittel, um Lohnarbeitslosigkeit, Krankenstände und weitere Symptome des Kapitalismus abzudämpfen.
Wir rufen die arbeitende und lernende Jugend dazu auf, sich zu organisieren und gemeinsam zu kämpfen! Wir unterstützen die Kämpfe der Gewerkschaften gegen den 12-Stunden-Tag, warnen jedoch vor Illusionen in deren sozialdemokratische Führung. Macht euch in eurem Widerstand nicht von ihnen abhängig, vernetzt euch selbstständig und verbündet euch mit der ArbeiterInnenklasse!