Erklärung der gemeinsamen Bundesleitung der Kommunistischen Jugend Österreichs (KJÖ) und des Kommunistischen StudentInnenverbands (KSV), Wien am 10.07.2018
Am 1. Juli 2018 hat Österreich – von der breiten Öffentlichkeit kaum beachtet – turnusmäßig den Vorsitz im Rat der Europäischen Union übernommen. Den EU-Ratsvorsitz hat immer der jeweilige Staats- bzw. Regierungschef des aktuellen Vorsitzlandes inne, also in diesem Fall ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz. Nun sind die Möglichkeiten der halbjährlich wechselnden Ratspräsidentschaft äußerst begrenzt. Doch mit dem von den Regierungsverantwortlichen gewählten Motto „Ein Europa, das schützt“ wird schnell klar, worum es den Herrschenden vordergründig geht: Die Festung EUropas soll massiv ausgebaut werden und die EU-Außengrenzen noch tödlicher werden. Dass sich die EU-Außengrenzen in der Vergangenheit bereits zu einem regelrechten Massengrab für geflüchtete Menschen entwickelt haben, ist wohl nicht mehr zu leugnen – und alles was an menschenverachtenden Plänen in der Frage von Flucht und Migration auf dem Tisch liegen, werden diese Tatsache nur noch weiter verschärfen.
Als eine von drei großen Prioritäten für den österreichischen EU-Ratsvorsitz nannte Kurz den „Kampf gegen illegale Migration“. Bestätigt wird er in seinem rigorosen Abgrenzungskurs durch die Beschlüsse des jüngsten Gipfeltreffens der EU-Staaten. So hat man sich dort auf sogenannte „Ausschiffungsplattformen“ in nordafrikanischen Ländern wie Marokko oder Tunesien geeinigt und innerhalb der EU sollen „Auffanglager“ geschaffen werden, in denen geflüchtete Menschen de facto gefangen gehalten werden können. Geht es nach den EU-Regierungschefs soll also ein Massenlagersystem in Nordafrika erbaut werden, also in Ländern, wo schon jetzt Geflüchtete verkauft, ermordet, sexuell missbraucht und teilweise in der Sahara zum Sterben ausgesetzt werden.
Die jüngsten Debatten zur weiteren Abschottung der EU-Außengrenzen, die insbesondere durch den bayrischen Landtagswahlkampf der rechtskonsverativen CSU wieder zum Thema wurden, sind nicht nur Ausdruck einer rassistischen und unmenschlichen Asylpolitik, sondern gerade auch für die österreichische Bundesregierung ein willkommenes Ablenkungsmanöver. Denn schließlich soll mit allen nur möglichen Winkelzügen verhindert werden, dass sich hierzulande breiter gewerkschaftlicher und gesellschaftlicher Widerstand gegen die massiven Angriffe des Kapitals auf erkämpfte Arbeits- und soziale Rechte, wie dem nun im Nationalrat durchgepeitschten 12-Stunden-Arbeitstag oder den angekündigten Zusammenlegungs- und Zerschlagungsabsichten im österreichischen Gesundheitswesen, formiert. Und da kommt es Kurz und seiner schwarz/blauen Bundesregierung nur gelegen, dass die Themen Flucht, Asyl und Migration gerade während der Zeit des österreichischen EU-Ratsvorsitzes wieder prominent auf der EU-Agenda stehen.
Auch darüber hinaus verfolgen die Herrschenden in Österreich innerhalb der EU ihre eigenen Interessen, nämlich ganz konkret am Balkan. In dieser Region ist das österreichische Monopolkapital, neben dem deutschen und italienischen, auf imperialistische Weise tonangebend. Als relevanter Teil der EU-Armee ist auch das österreichische Bundesheer treibende Kraft dahinter, diese Region enger an die EU zu binden und von ihr abhängig zu machen.
Doch muss an dieser Stelle nochmals unterstrichen werden, dass die Festung EUropas keine Erfindung von Kurz, Seehofer oder Victor Orban ist, sondern diese viel mehr Wesensinhalt der Europäischen Union ist. Einst als Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl gegründet war die EU von Beginn an immer ein Konstrukt der europäischen Eliten und damit ein imperialistisches Zweckbündnis, das sich ganz den ökonomischen wie auch territorialen Interessen der Herrschenden und des Kapitals verschrieben hat. Dass die EU ein Projekt des Friedens und des sozialen Fortschritts sein soll, ist nichts anderes als eine glatte Lüge. Als Kommunistische Jugend Österreichs (KJÖ) beziehen wir einen klaren Standpunkt: Wir lehnen die EU als Europa der Banken, Konzerne und Generäle entschieden ab. Festzuhalten gilt aber auch, dass man es sich zu einfach machen würde, alle sozialen und ökonomischen Missstände auf die Politik der Europäischen Union abzuwälzen, für uns ist klar, dass der Hauptfeind – frei nach Karl Liebknecht – im eigenen Land steht.
Gerade während des EU-Ratsvorsitz Österreichs gilt es alle Kräfte zu bündeln, um Widerstand gegen den kommenden Sozial- und Demokratieraub hierzulande und in der gesamten EU zu leisten. Es ist zu erwarten, dass während der halbjährlichen Vorsitzperiode das Rampenlicht der medialen Öffentlichkeit ganz auf Österreich gerichtet ist und es liegt an uns, den Herrschenden die Show zu vermiesen. Nutzen wir die Gelegenheit, um auf die himmelschreienden Widersprüche des kapitalistischen Systems aufmerksam zu machen. Leisten wir unermüdlich Widerstand gegen die unsoziale, repressive und rassistische Politik von Kurz und Konsorten. Wehren wir uns gegen die immer massiveren Angriffe des Kapitals, die nur das Ziel haben, die Lebenssituation der arbeitenden und lernenden Jugend, der ArbeiterInnenklasse, der Erwerbslosen und allgemein all jener, die sich nicht zur herrschenden Klasse zählen, zu verschlechtern. Und sagen wir unmissverständlich Nein zu allen Versuchen, diesen notwendigen Protest durch sozialpartnerschaftlichen Verrat abzuwürgen.
Kämpfen wir gemeinsam gegen das Europa der Banken und Konzerne – Für eine Zukunft des Friedens, der Solidarität und des Sozialismus!