Die Show ist gelaufen. Österreich hat sich am Sonntag mit einer 50-prozentigen Wahlbeteiligung zu gut 60 Prozent für die Beibehaltung von Wehrpflicht und Zivildienst ausgesprochen. Eines vorweg: die ÖVP feiert sich jetzt zwar als Heldin der direkten Demokratie, hätte aber auch bei einer anderen Entscheidung gewonnen. Denn die Alternative – die Einführung eines Söldnerheeres – steht seit Ewigkeiten auf der Agenda der Schwarzen. Allein aus machtpolitischem Kalkül der Landeshauptleute aus Wien und St. Pölten wurden die Positionen vor zweieinhalb Jahren getauscht.
Scheindebatten
Die erste bundesweite Volksbefragung der Republik war von einer Scheindebatte geprägt. Die Schwarzen argumentierten vor allem mit dem Katastrophenschutz, welchen die Feuerwehren dieses Landes auch ohne Pioniere hervorragend bewältigen könnten. Und zum Schneeschaufeln braucht es auch keinen Pflug in Tarnfarben. Die Rosaroten und Grünen sprachen von Cyberwar und Terrorismus und vergaßen, dass dies vor allem Arbeitsfelder der Polizei sind. Warum sonst wurde vor über 20 Jahren die Cobra eingerichtet? Diese beiden Parteien waren es auch, die ein Berufsheer in den Kampf für die Gleichberechtigung der Geschlechter führen wollten. Ein komisches Verständnis von Emanzipation. Gut, in Cuba dienen Frauen auch an der Waffe. Dort ist ihre gesellschaftliche Stellung der in Österreich aber auch um Jahrzehnte voraus. Außerdem macht die Ausbildung an der Waffe ja durch die ständige Bedrohung aus dem imperialistischen Norden ja auch Sinn, Friedensnobelpreis hin oder her.[1]
Nicht zuletzt stilisierten sich alle Parlamentsparteien als Vertreter der direkten Demokratie, obwohl sie – zuletzt Rot-Grün in der Bundeshauptstadt – immer wieder gegen den Volkswillen entscheiden. Oder ihn in abgehobenen Nationalratsdebatten zerreden. Daher ist das Votum vom Sonntag längst nicht in trockenen Tüchern, so sehr die SP auch beteuert, das Befragungsergebnis zu respektieren.
Das kleinere Übel
Mit der Begrüßung des Volksentscheids wollen KJÖ und KSV keinesfalls den Sadismus gutheißen, der Rekruten im Bundesheer (BH) täglich ausgesetzt sind. Es ist auch nicht Sinn und Zweck, die militaristische Nostalgie zu pflegen, welche auf den Bällen und Neujahrskonzerten dieses Landes vorherrscht. Und als junge Menschen sind wir sicher nicht dafür, dass unsere Altersgenossen unsinnig ihrer Lebenszeit beraubt werden. Wir mussten uns dennoch für das kleinere Übel aussprechen. Und das ist die Beibehaltung der Wehrpflicht. Ein Berufsheer können und dürfen wir nicht verantworten. Es würde den Weg Richtung EU-Battlegroups und NATO zementieren. So wäre dem Bundesheer ein Persilschein für das Abschlachten von protestierenden SpanierInnen, streikenden GriechInnen und afghanischen Kindern ausgestellt worden. Ein Berufsheer hätte allein der Sicherung von syrischen Ölfeldern für die OMV, kongolesischer Erzvorkommen für die VOEST und den Interessen anderer Großkonzerne gedient.
Es ist Zeit, die PolitikerInnen wieder an die totgesagte Neutralität Österreichs zu erinnern. Das ist keine unzeitgemäße Romantik, sondern geltendes Recht. Der Entscheid vom Sonntag bietet eine gute Grundlage dafür. Es ist Zeit, das BH zumindest von allen Auslandseinsätzen abzuziehen, die (in)direkt von der NATO oder der EU geführt werden – so in Afghanistan und im Kosovo.[2] Dem Terror, liebe Berufsheer-Fans, begegnet man am Besten, indem man die eigenen Truppen gar nicht erst zum Ziel für Terrorismus macht. Uniformierte Profikiller sind fehl am Platz. Des Weiteren muss Österreich endlich aus der NATO-Partnerschaft für den Frieden austreten.
Siehe auch: Nein zum Söldnerheer!
[1] JedeR StaatsbürgerIn Cubas zwischen 17 und 28 Jahren muss einen obligatorischen zweijährigen Wehrdienst ableisten. Anschließend folgt ein Zivildienst, der entweder in der Pflege, in der Land- und Forstwirtschaft, im Bausektor, Katastrophenschutz oder anderen Bereichen abgeleistet werden kann. In Venezuela besteht sogar eine 30-monatige Wehrpflicht für alle zwischen 18 und 50.
[2] Im Kosovo sind 503 BH-Angehörige stationiert, in Afghanistan unterstehen 3 Offiziere der ISAF-Besatzertruppe.