Mit der Finanzierung der österreichischen Universitäten durch sogenannte Drittmittel bringen Konzerne einen Fuß in die Tür und hebeln so sukzessive die freie Wissenschaft aus.
Mit Bildungspolitik wird in letzter Zeit meistens die durch Bundesminister Töchterle wieder aufgeflammte Diskussion um Studiengebühren verbunden. Diese sollen den unterfinanzierten Universitäten die Mittel verschaffen, die der Staat lieber in Wirtschaftsförderung und Bankenrettung pumpt. Dass Studiengebühren aber nicht das einzige Mittel neoliberaler Bildungspolitik sind, erkennt man, wenn man einen Blick auf die sogenannte Drittmittelfinanzierung wirft.
Die Sache mit den Drittmitteln…
Dass das Sponsoring der Hochschulen von Konzernen und Personen aus der Privatwirtschaft nicht so toll ist, wie uns gerne vorgegaukelt wird, erkennt man schon, wenn man ein zweites Mal hinsieht und sich fragt, wozu dies denn eigentlich dient. Wegen der immer knapper werdenden Finanzierung durch den Staat, werden vermehrt Drittmittel zur Forschung verwendet.
Die Ergebnisse dieser Forschung sind dann natürlich nicht, wie bei Grundlagenforschung üblich, dem Allgemeinwohl dienlich, sondern den Profitinteressen der jeweils finanzierenden Konzerne, die zugehörige Patente gleich in die eigene Tasche stecken. Das alles steht in engem Zusammenhang mit dem Bologna-Prozess, durch den die Unis „wettbewerbsfähig“ gemacht werden sollen. Eine der bekanntesten Maßnahmen dieses Prozesses ist die Zweiteilung der alten Diplomstudien in Bachelor- und Masterstudiengänge. Im Hinblick auf die immer prekärer werdende Situation vieler Studierender, die sich aus finanzieller Sicht ein Masterstudium oft nur erträumen können, erhält die Wirtschaft so nicht nur Forschungsergebnisse sondern auch billigst ausgebildetes Bildungsproletariat mit auf dem Tablett serviert.
In weiterer Folge gilt, dass Forschung nur mehr auf Gebieten betrieben wird, in denen sich Investitionen für das Kapital auszahlen – in erster Linie Technik und Naturwissenschaften.
…an der TU Graz
Die Fahrtrichtung hierfür wurde in Österreich mit dem Universitätsorganisationsgesetz 1993 vorgegeben, für das sich der damalige Wissenschaftsminister Erhard Busek (ÖVP) verantwortlich zeichnete. Aufgrund des damals noch vorhanden Widerstands der SPÖ kam allerdings nur eine typische „halberte G’schicht“ heraus und das Kapital musste noch bis Schwarz-Blau warten, bevor es endgültig Zugriff auf den Hochschulsektor bekam.
Ein Beispiel, wie abhängig die Unis von Drittmitteln schon sind, ist die TU Graz. Von 2004 bis 2008 wurden die Einkünfte durch diese fast verdoppelt (24,7 Mio. Euro auf 47 Mio. Euro). 2010 betrugen die Drittmittel 57,2 Mio. Euro. Einer der Hauptgeldgeber hier ist der Austro-Kanadier Frank Stronach.
Stronach, der Wohltäter?
Das nach ihm bennante Frank Stronach Institute (FSI) an der TU Graz, das als Kooperation zwischen der Uni und dem Stronach-Konzern Magna 2003 gegründet wurde, ist das Paradebeispiel für den Einfluss des Finanzkapitals auf den Bildungssektor. Zwar gehen laut Rektor Kainz die Mittel weitestgehend in die Grundlagenforschung, 40 bis 50 Prozent der Absolventen eines Studiengangs des FSI finden sich aber danach bei Magna wieder. So hat Stronach es also geschafft, in Forschung und Lehre einzudringen und universitäre Bildung in eine für seinen Konzern nützliche umzupolen. Weiters finanziert er an der Uni Innsbruck eine „Stiftungsprofessur für Innovation und Entrepreneurship“ sowie eine „Frank Stronach Forschungsgruppe“ und an der Uni Graz und der TU Wien „Forschungsgruppen für gesellschaftliche Fragen“.
Stronach selbst ist in letzer Zeit nicht nur als Günstling der österreichischen Hochschulen sondern auch als Retter des Landes aufgetreten. Durch harte Arbeit meint er, viel Geld verdient zu haben (die erste Frage müsste lauten: „Durch wessen Arbeit?“), und möchte nun dem Land etwas zurückgeben. Dies lässt sich getrost auch auf seine Aktivitäten an den Unis umlegen. Mag sein „Zurückgeben“ in Form von gesponserten Think Tanks und Instituten auf den ersten Blick auch großzügig erscheinen, so stellt sich dies bei genauerem Hinsehen bald als weit weniger nobel heraus. Das Nutzen universitärer Strukturen durch Drittmittelgeber stellt im Endeffekt einen praktischen Weg dar, Profite zurück in den Konzern zu spülen. Sowohl die Forschung als auch die Alsolventen müssen letztendlich für den jeweiligen Geldgeber in Bares umwandelbar sein. Was diesem Prinzip widerspricht, wird auch nicht gefördert.
Der „Mäzen“ als Politiker
Stronachs politische Forderungen nach einer Flat Tax, dem Einheben von Studiengebühren und der Abschaffung der Wehrpflicht zu Gunsten eines Berufsheers sind währenddessen ein Mischmasch der Forderungen aller zur Zeit bestehenden bürgerlichen Parteien. Slogans wie „Nur wenn die Wirtschaft funktioniert, kann es dem Land gut gehen“ oder „Österreichs Politik braucht strenge Regeln, die weitere Überschuldung verbieten“ hat das Team Stronach nicht zum ersten Mal auf die politische Bühne gebracht. Im Gegenteil, sie entstammen dem Grundvokabular von ÖVP, Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung. Daher sollte auch das Bild von Stronach als großem Revolutionär schleunigst hinterfragt werden. In Wahrheit steht er nämlich für genau den gleichen Mist, der schon seit Jahrzehnten in Österreich sein Unwesen treibt. Auch seine Forderung nach Gewinnbeteiligung der ArbeiterInnen sollte kritisch betrachtet werden, will er doch nur die„tüchtigen“ unter ihnen am Gewinn beteiligen. Dies führt zu nichts anderem, als Konkurrenzdenken und Entsolidarisierung der Belegschaft. Somit ist Stronach kein progressiver Newcomer im politischen Spektrum, sondern vielmehr eine Gefahr für alle fortschrittlichen Menschen in Österreich.
Wie weiter?
Nun tut sich noch die Frage auf, wie denn die Universitäten in Zukunft finanziert werden sollen, um wieder frei von Drittmitteln zu werden. Und wie kann verhindert werden, dass die österreichischen Schulden weiter anwachsen? Die Antwort darauf ist und bleibt die gleiche. Die einzige Möglichkeit, um ohne soziale Einschnitte das Budget aufzubessern, ist eine Reichensteuer. Mit dieser müssten Stronach und Konsorten nämlich wirklich einen Teil ihres ach so hart verdienten Geldes denen zurückgeben, die es wirklich erarbeitet haben. Nur so kann verhindert werden, dass die Vermögensschere weiter auseinander klafft und dass endlich die zur Verantwortung für die derzeitige Situation gezogen werden, denen wir sie auch verdanken.