Gläserne Menschen, eiserner Staat – Das neue Staatsschutzgesetz

Armin, Eisenstadt

Seit Ende Juni ist das sogenannte Staatsschutgesetz in Kraft getreten. Ein Gesetz, welches durch die rot-schwarze Bundesregierung seit mehr als einem Jahr Thema ist, ohne dass sich Widerstand geregt hätte. Das Gesetz stellt einen Meilenstein in Österreichs Geschichte dar, was Demokratieabbau und staatlich legitimierte Willkür betrifft. Die UrheberInnen dieser umfassenden Bestimmungveröffentlichten ihre Vorhaben genau zur richtigen Zeit; Die Schreckensbilder islamistischer Verbrecher aus dem Nahen Osten und insbesondere die Anschläge in der EU beförderten eine islamophobe[1] Diskussion, die die breite Bevölkerung zutiefst verunsicherte und polarisierte.

In dieser medial aufgehetzten Atmosphäre stieß das „Staatsschutzgesetz“, welches die Ministerin Mikl-Leitner der Öffentlichkeit vor allem als „Antiterrorpaket“ verkaufte, auf eine nicht zu unterschätzende Zustimmung. Tatsache ist, dass das Gesetz nicht nur den Islamismus nicht zu stoppen vermag – es wird vor allem die Bevölkerung treffen. Der Verfassungsschutz wird zu einem modernen Geheimdienst umgebaut, dessen Aktivitäten zentral koordiniert werden. Wenn man sich bewusst macht, dass der Verfassungsschutz eine polizeiliche Behörde ist, bedeutet das also eine Erweiterung des Repressionspotentials[2] des Staates im Allgemeinen und der Polizei im Konkreten. Damit verbunden sind etliche Kompetenzen, wie das Sammeln von Daten, egal ob von Behörden und Firmen oder aus dem Internet sowie sonstigen Medien. Gleichzeitig sollen technische Spionagegeräte, wie Peilsender und IMSI-Catcher, die Mobilfunkdaten aufnehmen, eingesetzt werden. Neben diesen zahlreichen Maßnahmen, um auf die Daten aller Menschen in Österreich zuzugreifen, möchte die Bundesregierung sogenannte „V-Leute“[3] einsetzen, um „verfassungsgefährdende“ Organisationen zu infiltrieren. Ruft man sich die Ereignisse um die NSU-Morde in Deutschland in Erinnerung, bei der die Spitzel jahrelang wesentlich dazu beitrugen, dass die neonazistische Terrororganisation NSU weiter morden konnte. Bezahlte Spitzel können also die Rolle von DoppelagentInnen übernehmen und sowohl den Staat als auch islamistische und rechtsextreme Organisationen mit Informationen versorgen beziehungsweise schützen. Für klassenbewusste und fortschrittliche Kräfte bedeutet das konkret, dass auch wir infiltriert und ausspioniert werden können – ohne irgendwelche „Verbrechen“ begangen zu haben. Denn all diese geheimdienstlichen Aktivitäten sind nicht an Verdachtsmomente geknüpft, sondern können ohne richterliche Bewilligung und parlamentarische Kontrolle von der Polizei durchgeführt werden. Gegen jeden Menschen, zu jeder Zeit.

Da der Gesetzestext bewusst schwammig formuliert wurde, ist der Polizeiwillkür somit Tür und Tor geöffnet worden. Tatsache ist, dass ein kapitalistischer Polizeistaat niemals in der Lage sein wird, menschenverachtende Ideologien, wie den Islamismus oder Neonazismus zu besiegen, wenn das ökonomische System und bürgerliche Medien ihr Bestes tun, um Menschen an den Rand der Verzweiflung und Gesellschaft zu treiben und zu spalten. Wie sollen RechtsextremistInnen und IslamistInnen besiegt werden, wenn erstens der österreichische Staat maßgeblich von der rechtsextremen FPÖ geführt wirdt.Zweitens, die Regierung Geschäfte mit Saudi-Arabien macht, also mit jenem Staat, der etliche jihadistische Milizen weltweit fördert und islamistische Prediger nach Europa entsendet.

 

 


[1] Islamophobie:= rassistische Abwertung und Hetze gegen den Islam, das Schüren von Angst vor dem Islam.

[2] Repressionen;= gezielte Nutzung von staatlicher Gewalt gegenüber bestimmter Gruppen oder Personen, zur Unerdrückzng von Kritk, Widerstand, politischen Aktivitäten etc. Vgl. Titelgeschichte z ATIK in diesem Heft.

[3] V-Leute:= bezahlte Spitzel.