Aus dem Leben eines Lehrlings

Gerhard Moser, 19 Jahre, Fleischerlehrling, 3. Lehrjahr

Wieso hast du dich für deine Lehre entschieden?  
(
Grinst) Kann mich da nicht mehr so richtig gut daran erinnern. Ich war in einem AMS Projekt und der Leiter des Projekts hat mir vorgeschlagen, eine Lehre als Fleischer zu beginnen. Ich dachte mir warum nicht, habe dort 1-2 Wochen Probe gearbeitet und anschließend habe ich mich entschlossen, dabei zu bleiben und habe meine Lehre als Fleischer begonnen.

Wie ist deine Lehre dort? Häufig hört man von Lehrlingen, die als Hilfsarbeiter fungieren, aber im Betrieb nicht richtig ausgebildet werden. Wie ist das bei dir?     
Grundsätzlich werde ich eigentlich ganz gut ausgebildet. Es kann schon mal vorkommen, dass in einem Bereich, der nicht zu meiner Ausbildung gehört, Not am Mann ist und ich dort aushelfen muss. Das ist aber die Ausnahme und mein Ausbilder ist sehr bemüht, mich richtig auszubilden.

Wie ist das Verhältnis zu deinem Ausbilder?    
Mein Verhältnis zu meinem Ausbilder ist eigentlich ein gutes und er versucht mir Dinge geduldig zu erklären. Es kommt aber auch vor, wenn ich mal einen schlechten Tag habe und etwas nicht hinbekomme, das er mir schon häufiger gezeigt hat, dass er dann etwas unwirsch reagiert und mich darauf hinweist, dass ich das doch endlich können sollte. Außerdem wird mir an Tagen, an denen es viel Arbeit gibt, durchaus Druck gemacht schneller zu arbeiten.

Bist du der einzige Lehrling?    
Ja, ich bin der einzige Lehrling. Es gab andere Lehrlinge aber einer wurde von der Firma gekündigt und ein anderer ist selbst gegangen, weil es im zu anstrengend war. Der Lehrling, der gekündigt wurde, hat einen Arbeitsunfall verursacht, bei dem ein anderer Arbeitskollege verletzt wurde.

Wie ist das Verhältnis mit den anderen ArbeitskollegenInnen?    
Recht unterschiedlich, hat aber wenig mit dem allgemeinen Betriebsklima zu tun, sondern mehr mit persönlichen Konflikten. Es gibt einige Mitarbeiter die sehr rechte Tendenzen aufweisen und das auch offen in der Firma ausleben. Von meinem Ausbilder wird dagegen nichts unternommen und ich gehe auch auf Grund meiner tschechischen Wurzeln und meiner politischen Einstellung auf Distanz zu diesen. Leider passiert es trotzdem manchmal, das ich zur Zielscheibe ihres Rassismus werde. Auch Sexismus ist ein riesen Problem, wo Frauen häufig auf ihr Äußeres reduziert werden oder Arbeitskollegen jüngere dazu auffordern, Frauen zu fragen ob man ihnen auf die Brüste greifen darf.

Gibt es bei dir in deiner Firma einen Betriebsrat? 
Ja, es gibt einen Betriebsrat, allerdings spielt er keine Rolle im Betrieb und im Arbeitsalltag. Ich kenne zwar einen Arbeitskollegen, der im Betriebsrat ist, persönlich aber das einzige was man vom Betriebsrat mitbekommt ist, wenn er mal wieder Feiertagsarbeit oder ähnlichem zustimmt.

Welche Gewerkschaft ist für Fleischer zuständig? Und bist du Gewerkschaftsmitglied?         
Für uns Fleischer bzw. Fleischerlehrlinge ist die Produktionsgewerkschaft (PRO-GE) zuständig und selbstverständlich bin ich Gewerkschaftsmitglied, denn nur mit der Gewerkschaft können wir ArbeiterInnen unsere Interessen gegenüber dem Unternehmen durchsetzen. Leider ist der Betriebsrat, wie vorher schon beschrieben, ein ziemliches Problem, da er mit der Betriebsleitung zusammenarbeitet anstatt unsere Interessen zu vertreten.

Wie ist es in der Berufsschule? Bist du dort mit Problemen konfrontiert?   
Momentan habe ich dort keine Probleme, allerdings halte ich mich dort politisch etwas zurück, weil auch dort viele Mitschüler Positionen der FPÖ übernommen haben. Das geht teilweise schon sehr weit rechts, das Interessante ist, dass sich das bei den LehrerInnen nicht wiederspiegelt. Wie bei der Lohnarbeit, werde ich auch in der Schule manchmal zur Zielscheibe von Rassismus. Es fallen dann Worte wie „Scheiß Tscheche!, „Scheiß Slawe!“ oder „Geh doch endlich nach Hause!“. Allerdings werde ich sowohl im Betrieb als auch in der Schule immer wieder das Ziel politischer Anfeindungen durch Rechte.

Wieso sollen sich Lehrlinge in der Gewerkschaft und in der KJÖ organisieren?      
(Lacht) Naja schwierig, da ich auch schon einige schlechte Erfahrung mit der aktuellen Gewerkschaftsführung gemacht habe. Trotzdem ist es wichtig, sich in der Gewerkschaft zu organisieren, weil sie auf die Gestaltung der Arbeitswelt und des Lehrverhältnisses Einfluss nehmen, sei es Lohnverhandlungen oder Arbeitszeiten oder auch Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Genauso wichtig ist es aber, im Betrieb und in der Gewerkschaft für eine kämpferische Politik einzutreten, also auch selber aktiv zu sein.

Und in der KJÖ? 
Weil sich meines Erachtens nach, die KJÖ als die einzige soziale Alternative zu den anderen Organisationen herauskristallisiert hat. Dort wird nicht nur geredet, sondern auch über die KomIntern in der AK und Gewerkschaft für die Lehrlinge einsetzt, z.B. indem sie sich für eine Kürzung der Arbeitzeit auf 35 Stunden Woche und sich gegen die Erhöhung auf einen 12 Stunden Tag einsetzt. Außerdem setzt sie sich für eine Lehrlingsentschädigung von 1000,- € ein. .  Aber alleine kann die es die KJÖ nicht durch die Gewerkschaft und die AK bringen und deswegen müssen sich  mehr Lehrlinge in der KJÖ organisieren.