Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Freundinnen und Freunde!

Zu aller erst möchte ich betonen, dass es mich sehr freut, euch im Namen der Kommunistischen Jugend Österreichs begrüßen zu dürfen. Es ist uns eine besondere Ehre, auf der diesjährigen Luxemburg-Liebknecht-Lenin-Demonstration sprechen zu können.

Heuer begehen wir den 100. Jahrestag der Ermordung von Rosa und Karl und auch in diesem Jahr trotzen wir gemeinsam mit tausenden anderen Menschen Wind und Kälte, um an ihr Vermächtnis zu erinnern. Aber längst wollen nicht nur in bloßer Erinnerung schwelgen, sondern den entschlossenen Kampf der beiden MitbegründerInnen der Kommunistischen Partei Deutschlands weiterführen.

Mit der Losung Karl Liebknechts „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“ sollten wir nicht nur die richtigen Lehren aus der Geschichte ziehen, sondern sie als Grundlage für unseren heutigen Kampf gegen Imperialismus und Krieg verstehen.

Wir leben heute in einer Zeit der weltweiten Offensive des Kapitals, in der zum Frontalangriff auf erkämpfte Rechte der ArbeiterInnenklasse und der Jugend geblasen wird. Schritt für Schritt sollen die von der ArbeiterInnenbewegung hart erkämpften sozialen und Arbeitsrechte beschnitten werden, demokratische Grundrechte ausgehöhlt und der staatliche Repressionsapparat im Gegenzug massiv ausgebaut werden. Alles mit dem Ziel, die Position des Kapitals zu stärken. Regierungen in ganz Europa, nahezu überall auf der Welt tun sich als ein wütender Kettenhund hervor, der sich lediglich den kühnsten Träumen der KapitalvertreterInnen verschrieben hat.

Es ist wohl auch hier in Berlin niemanden entgangen, dass wir in Österreich seit rund einem Jahr mit einer Regierungskoalition zwischen der konservativen Österreichischen Volkspartei und der rechtsextremen Freiheitlichen Partei konfrontiert sind. Spätestens nachdem der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz im Juli des Vorjahres den Vorsitz im Rat der Europäischen Union übernommen hatte, spielte Österreichs neue Regierung auch auf dem internationalen Parkett die Geige der Reaktion. Denn die Herrschenden in Österreichs setzen alles daran, dass die Festung EU-Europas noch massiver als bisher ausgebaut wird und die EU-Außengrenzen noch tödlicher, noch mörderischer werden. Dass sich die Außengrenzen der Europäischen Union bereits jetzt zu einem regelrechten Massengrab für geflüchtete Menschen entwickelt haben, ist wohl nicht mehr zu leugnen – und alles was an menschenverachtenden Plänen in der Frage von Flucht und Migration auf dem Tisch liegen, werden diese Tatsache nur noch weiter verschärfen.

All die Debatten zur weiteren Abschottung der EU sind nicht nur Ausdruck einer rassistischen und unmenschlichen Asylpolitik, sondern gerade auch für die österreichische Bundesregierung ein willkommenes Ablenkungsmanöver. Denn schließlich soll mit allen nur möglichen Winkelzügen verhindert werden, dass sich in Österreich breiter Widerstand gegen die massiven Angriffe des Kapitals formiert.

Auch darüber hinaus verfolgen die österreichischen Eliten innerhalb der EU ihre eigenen Interessen, nämlich ganz konkret am Balkan. In dieser Region ist das österreichische Monopolkapital, neben dem deutschen und italienischen, auf imperialistische Weise tonangebend. Als relevanter Teil der EU-Armee ist auch das österreichische Bundesheer treibende Kraft dahinter, diese Region enger an die EU zu binden und in ihre Abhängigkeit zu treiben.

Dass der Profit wichtiger ist als die sozialen Bedürfnisse und objektiven Interessen der Menschen, zieht sich wie ein roter Faden durch die Europäische Union. Denn während die großen Vermögen der Banken und Konzerne unangetastet bleiben, werden rigorose Sparpakete für die ArbeiterInnenklasse geschnürt; ohne mit der Wimper zu zucken werden tausende Jobs vernichtet, Schulen und Krankenhäuser geschlossen. In Form von Sozialraub, vielfachen Angriffen auf unsere erkämpften Arbeitsrechte, massiver Teuerung und sinkenden Reallöhnen soll die massive Umverteilung von unten nach oben vorangetrieben und die ArbeiterInnenklasse und die Jugend Europas weiter ausgebeutet werden.

Die imperialistische Expansionspolitik, das rigorose Diktat des Sozialraubs, die Politik der militärischen Aufrüstung und des tödlichen Grenzregimes gehören zum Wesensinhalt der Europäischen Union. Einst als Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl gegründet war die EU von Anbeginn ein Konstrukt der europäischen Eliten und damit ein imperialistisches Zweckbündnis, das sich ganz den ökonomischen wie auch territorialen Interessen der Herrschenden und des Kapitals verschrieben hat.

 

Dass die EU ein Projekt des Friedens und des sozialen Fortschritts sein soll, ist also nichts anderes als eine glatte Lüge.

Als Kommunistische Jugend Österreichs lehnen wir die EU als ein Europa der Banken, Konzerne und Generäle entschieden ab. Gleichzeitig ist für uns aber auch klar, dass der Hauptfeind – wie Karl Liebknecht erkannt hat – im eigenen Land steht – und das ist in unserem Fall das österreichische Monopolkapital und seine Regierung.

Schon Marx und Engels haben uns im Kommunistischen Manifest eingeschärft: „Obgleich nicht dem Inhalt, ist der Form nach der Kampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie zunächst ein nationaler. Das Proletariat eines jeden Landes muss natürlich zuerst mit seiner eigenen Bourgeoisie fertig werden.“

Und da haben wir in Österreich jede Menge zu tun. Die österreichische Bundesregierung lässt keinen Tag aus, um deutlich zu machen, für wen sie eigentlich Politik macht: Sozialraub, Steuergeschenke für die Reichen, Hetze gegen Geflüchtete, eine reaktionäre Bildungs- und Frauenpolitik, die Abschaffung der Notstandshilfe und Hartz IV nach deutschem Vorbild. Hinzu kommen Postenschacherei zugunsten deutschnationaler und rechtsextremer Burschenschafter, Angriffe auf die Pressefreiheit und auf demokratische Grundrechte, die Zerschlagung der Sozialversicherung und ein massives Zurückdrängen der gewerkschaftlichen und betrieblichen Interessenvertretung. Die von Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache geführte Regierungskoalition ist also nichts anderes als eine Koalition für Reiche, Banken und Konzerne auf dem Rücken der ArbeiterInnenklasse!

Für uns als Kommunistinnen und Kommunisten ist aber auch klar, dass es mit einem bloßen Regierungswechsel nicht getan ist. Nichts würde sich zum Besseren wenden, wenn die Sozialdemokratie wieder in Regierungsverantwortung gehievt werden würde – kein einziges Gesetz würde zurückgenommen, keine Ungerechtigkeit entschärft und schon gar nicht würde die Macht des Kapitals gebrochen werden.

Denn schließlich haben die sozialdemokratisch geführten Vorgängerregierungen in Österreich ebenso eine Politik gemacht, in der nicht die Bedürfnisse der arbeitenden Klasse im Vordergrund standen, sondern gleichermaßen Kapitalinteressen bedient wurden. Während die Sozialdemokratie in Wahlkämpfen großmundig „soziale Gerechtigkeit“ plakatiert hatte, mussten die Menschen erleben, dass ihr Lohn nicht mehr für ein „gutes Leben“ reicht. Und während die großen Vermögen der Banken und Konzerne unangetastet blieben, fehlt in Schulen, Krankenhäusern und in der Pflege das dringend benötigte Geld. Die arbeiterInnenfeindliche Politik hat in Österreich also Kontinuität – und es liegt einzig allein an den revolutionären und klassenkämpferischen Kräften in unserem Land, diese zu brechen.

Die derzeitigen Proteste gegen die österreichische Bundesregierung, sei es die Demo gegen den 12-Stunden-Arbeitstag, an der sich über 100.000 Menschen beteiligten oder andere Demonstrationen gegen die Angriffe dieser Regierung, zeigen, dass es viele, insbesondere auch unorganisierte Menschen gibt, die der momentanen Regierung Widerstand entgegensetzen wollen. Immer mehr Menschen erkennen, dass es keinen Sinn macht, sich auf die bürgerlichen Oppositionsparteien zu verlassen.

GenossInnen der KJÖ bei der Gedenkstätte der Sozialisten in BerlinEs liegt aber auch an uns, dass die Bevölkerung, vor allem aber die ArbeiterInnenklasse, nicht auf das unsägliche Spiel der Sozialdemokratie hereinfallen.

Es zeigt sich also: Was es heute braucht ist eine starke kommunistische Bewegung mit klaren Positionen und Perspektiven, die es versteht sich an die Spitze einer sozialen Klassenbewegung zu setzen.

Der Widerstand gegen diese Regierung braucht aber auch eine eindeutig antikapitalistische Stoßrichtung, also gegen Kapitalismus und Imperialismus, gegen die Herrschaft des Kapitals und der Monopole selbst. Und er kann nur dann Erfolg haben, wenn wir uns selbst organisieren und letztlich dort aktiv werden, wo wir mit den unsozialen und arbeiterInnenfeindlichen Angriffen tagtäglich konfrontiert werden, dort wo wir leben und arbeiten. Wir müssen die Menschen organisieren, bilden und gemeinsam mit ihnen eine Offensive entwickeln. Wir dürfen uns nicht länger darauf beschränken reine Abwehrkämpfe zu führen. Wir müssen die Menschen auf die Straße bringen für ihre unmittelbaren, ihre objektiven Interessen und diese Kämpfe in eine Perspektive einbetten, die über den Kapitalismus hinausweist. Denn klar ist, nur, wenn wir uns jetzt wehren, können die Angriffe des Kapitals zurückgeschlagen werden!

In diesem Sinne, liebe Genossinnen und Genossen:
Für eine Welt des Friedens, der Solidarität und des Sozialismus!

Es lebe der proletarische Internationalismus!