In mehreren Postings haben wir bereits auf die Rolle der Erziehung, der Sozialisierung und der frühkindlichen Entwicklung hingewiesen, wenn es darum geht die unterschiedlichen Werdegänge von Burschen und Mädchen zu erklären. Auch beim Thema Lehre wird die Frage der frühen Förderung von Mädchen wieder ausschlaggebend, denn lässt man Kinder in den gesellschaftlich „vorgesehenen“ Bahnen aufwachsen, entscheidet sich kaum eine Frau dafür Schlosserin zu werden. Und wenn doch, wird ihr das Leben schwer gemacht.

Geht man an einem normalen Tag an der Wiener „Mollardburg“ – einer Berufsschule für Elektronik und Mechatronik – vorbei, sieht man in der Regel nur männliche Schüler. Auch die Zahlen belegen das sehr deutlich: Von insgesamt 108.416 Lehrlingen in Österreich im Jahr 2020, waren nur 35.091 weiblich. Mit einem weiblichen Anteil von ca. 32% ist man also noch weit entfernt von einem ausgeglichenen Geschlechterverhältnis.

Noch deutlicher wird das Problem, wenn man sich die Aufteilung auf die Berufe ansieht: 2020 war der Klassiker Einzelhandel mit 22% weiblichen Lehrlingen, bei Mädchen auf Platz Eins. Bei den Burschen ist auf dem ersten Platz die Metalltechnik. Die Liste geht auch so weiter, bei den Mädchen folgt Bürokauffrau und Friseurin/Stylistin und bei den Burschen Elektrotechnik und Kraftfahrzeugtechnik. Diese Berufe sind relativ klar geschlechtlich zugeschrieben und werden als sogenannte „typische“ Männer- bzw. Frauenberufe gesellschaftlich gekennzeichnet. Es ist auch wissenschaftlich bewiesen, dass Frauen bei gleicher Qualifikation schlechteren Bewertungen und diskriminierenden Bedingungen ausgesetzt sind.

Auch wenn natürlich die individuelle Berufswahl nicht als gut oder schlecht bewertbar ist, bleibt ein Unterschied relativ klar: Die Bezahlung.Löhne und Gehälter sind in den genannten technischen Berufen noch recht stabil, vor allem die MetallerInnen sind ganz vorne mit dabei, wenn die Kollektivverträge verhandelt werden und sind als einige der Letzten in Österreich noch Teil einer Branche, in der der effektive Lohnverfall noch nicht oder nicht so deutlich spürbar ist, wie anderswo. Nimmt man den stark weiblich geprägten Einzelhandel als Vergleich, zeigt sich ein anderes Bild. Geringe Löhne mit wenigen Besserungen in den KVs und massiv stressige Arbeitsbedingungen, vor allem auch aufgrund der schlechten gewerkschaftlichen Organisierung und somit fehlenden Kampfkraft.

Es ist auch kein Wunder, dass hier oft Teilzeitanstellungen und Wochenendjobs zu finden sind. Viele Frauen haben aufgrund von patriarchal zugeschanzten Sorge- und Betreuungspflichten nicht die „Zeit“, um Vollzeit zu arbeiten. Das führt häufig zur sog. „Teilzeitfalle“ (Dazu haben wir auch zuletzt gepostet!) und somit zu schlechteren Pensionen und Gehältern der Kolleginnen. Dass Frauen in der kapitalistischen Gesellschaft unbezahlte Reproduktionsarbeit im Privaten zu leisten haben und Männern der „Erhalt der Familie“ zugerechnet wird, ist der Grund warum nach wie vor Männer wie „Ernährer“ bezahlt werden und Frauen patriarchal mit einem „Zuverdienst“ entlohnt werden.

Wer meint, dass gegen das Ungleichgewicht in der Lehre etwas getan wird, täuscht sich. Die Förderungen für Brachen-Betriebe mit geringem Frauenanteil greifen nicht (und sind nur in Absprache mit dem AMS möglich), auf der anderen Seite kämpfen erfolgreiche Jugendprojekte in dem Bereich permanent ums finanzielle Überleben. . Die WKO beschwichtigt Arbeitgeber, die sich vor „teuren Umbauten“ im Falle von weiblichen Lehrlingen fürchten lediglich damit, dass ohnehin erst ab fünf männlichen und fünf weiblichen Beschäftigten getrennte Toiletten und Waschräume einzurichten sind.

Mädchen- und Frauenförderung sieht anders aus! Eine stärkere Durchmischung der Lehrberufe ist notwendig! „Frauenberufe“ lassen sich nicht einfach so „aufwerten“, dazu braucht es gewerkschaftliche Organisierung und Arbeitskämpfe, jedoch würde die gleichmäßige Ausübung von Männern und Frauen das gesellschaftliche Bild von Berufen ändern. Schluss mit konservativem Rollendenken und getrennten Berufs- und Lohnverhältnissen durch patriarchale Spaltung in „Ernährer Gehalt“ und „Zuverdienst“ – Wir arbeiten und kämpfen gemeinsam!Wir fordern:Überbetriebliche Lehrwerkstätten statt Ausbildung in Kleinbetrieben, Aufnahme der Lehrplatz-BewerberInnen mit antidiskriminierenden Programmen!