muss der „freie Markt“ wohl grenzenlos sein. Das dürften sich viele der reichsten Männer der Welt erhoffen, denn nicht nur Elon Musk mit seinem berühmt-berüchtigten SpaceX Programm wettert eifrig um die Vorherrschaft im Weltall. Eines sei jedoch gewiss: Die Normalsterblichen (und Nicht-Multimilliardäre) werden dabei durch die Finger schauen.

Alle Jahre wieder ist es so weit. Es findet ein Raketenstart des privaten Raumfahrtunternehmens SpaceX statt, man kann es im Livestream verfolgen. Spannender noch als der Start ist die Landung. Klappt sie oder fliegt alles in die Luft? Eine zentrale Frage, wenn es um die Kolonialisierung des Weltraumes geht. Elon Musk, CEO des Unternehmens, macht keinen Hehl daraus, was das Ziel des Projektes ist: die Kolonialisierung des Mars. Zum einen mag es ein Egotrip Musks sein, etwas zu schaffen, das bis jetzt nicht möglich war. Wobei, eine erfolgreiche bemannte Marslandung wäre nicht der Erfolg des Unternehmens, sondern der der IngenieurInnen und AstronomInnen. Zum anderen fallen mit grosser Häufigkeit die Begriffe „Weltraumtourismus“ und „Ressourcen“. Wäre auch kaum zu glauben, dass jemand wie Musk- der gerne einen Militärputsch in Bolivien in Kauf für billiges Lithium genommen hat- aus selbstlosem Forscherdrang handelt.
Gesellschaft in der Welt der privaten Raumfahrt bekommt Musk durch Amazon Gründer Jeff Bezos. Die beiden teilen sich nicht nur abwechselnd den Titel „reichster Mann der Welt“, sondern auch ihre extraterrestrischen Expansions- und Kolonialisierungspläne. Nachdem Bezos angekündigt hat, sich aus den Geschäften von Amazon zurückzuziehen, kann er sich voll und ganz seinem Raumfahrtsunternehmung Blue Origin widmen um im „space-race“ voranzukommen- und dem Ziel, es auch zu gewinnen? Überlegt man sich, welche Methoden bei Amazon angewendet werden, um Beschäftigte zu überwachen, unterdrücken und mundtot zu machen, klingen die Weltraumprojekte á la Bezos weniger berauschend. Ein Unternehmen, welches die Macht besitzt, ganze Landstriche in den USA undemokratisch und diktatorisch zu kontrollieren, wird auch im Weltall keine bessere Welt aufbauen wollen. Während sich Elon Musk weiterhin als eifriger Visionär präsentieren möchte, heisst es von Bezos ganz direkt: „Uns geht auf der Erde bald die Energie aus. Was geschieht, wenn unbegrenzte Nachfrage auf endliche Ressourcen trifft?“. Eine berechtigte Frage, die er in durch und durch kapitalistischer Manier beantworten will, nämlich mit Weltraumkolonien. Die grosse Mehrheit der Bevölkerung wird davon leer ausgehen. Ähnlich wie es in Sci-Fi Serien und Filmen wie „The Expanse“ oder „Illysium“ dargestellt wird, würde die menschengemachte Expansion auf Grundlage privater Kapitalinteressen zu einer noch grösseren Ungleichheit führen. Auch wenn diese Pläne der grossen „Tech-Daddies“ derzeit utopisch sind- sie werden nicht diejenigen sein, die sich unter rauen Bedingungen in Asteroidenmienen die Finger schmutzig machen werden.
Jeff Bezos Aussage über die Begrenzung der Ressourcen hat einen weiteren Haken. Wenn er von Wachstum spricht, dann meint er in Wahrheit die Vermehrung von Kapital und die Ausbreitung seines Einflusses auf der Erde (und im Weltall). Eine vernünftige Gesellschaft, die sich an den Bedürfnissen der Mehrheit anstelle der Minderheit orientiert, ginge auch nachsichtiger und sorgfältiger mit Ressourcen um. Anders formuliert, würden die Menschen, egal von welchem Land, tatsächlich demokratisch über ihre natürlichen Rohstoffe und Energiequellen entscheiden können, würden sie nicht alles beim Fenster hinauswerfen, nur damit ein Jeff Bezos reichster Mann der Welt werden konnte. Der Unmut über „zu viel Zeugs“ äussert sich bei vielen Leuten durch Konsumkritik. Der Kern der Sache ist aber: es wird nicht zu viel konsumiert, es wird zu viel und zu unverhältnismässig produziert. Wodurch überhaupt ein Schlamassel von Ressourcenmangel entstehen konnte und die wirtschaftliche Elite solch stümperhafte Lösungsvorschläge wie jene von Jeff Bezos hervorbringt.

Ist die Expansion ins Weltall und auf andere Planeten nun gar keine Option mehr? Doch! Raumfahrttechnik und Weltraumforschung hat eine lange Tradition. So ist es der Sowjetunion 1961 mit dem Raumschiff Wostok1 gelungen, Juri Gagarin als ersten Menschen ins Weltall zu befördern. Wissensdrang und Forschergeist sind per se gute Dinge, doch hängt es stark davon ab, in was für einer Gesellschaft wird leben. Das damalige „space-race“ zwischen UDSSR und USA hatte einen grossen Unterschied zum heutigen: es war öffentlich-staatlich. Zum einen, auch wenn staatlich nicht zwangsläufig demokratisch bedeutet, führte es zu einer allumfassenderen Begeisterung an Forschung in breiten Teilen der Bevölkerung. Die erste bemannte Mondlandung der USA war ein grosser Erfolg für die Wissenschaft und Technik genauso wie die erste sowjetische Sondenlandung und Videoaufnahme auf der Venus. Zum anderen: es standen viel mehr materielle Mittel, sprich: Geld, zur Verfügung.
Im Verhältnis zu den grossen Erfolgen der Raumfahrt in den 60er-, 70er- und 80er-Jahre schauen die Erfolge der vergangenen Jahrzehnten eher schmächtig aus. Seit gut einem Viertel Jahrhundert werden konkrete Pläne zur bemannten Marsmission geschmiedet, bis jetzt erfolglos. Sind die technischen Möglichkeiten wirklich an ihre Grenzen geraten oder gibt es andere Gründe für die Stagnation? Ein „race“ lässt sich nur gewinnen, wenn es mindestens zwei ebenbürtige Kontrahenten gibt. Die Sowjetunion ist Vergangenheit und somit auch die Motivation der USA, öffentliche Gelder in Raumfahrt zu stecken. Die US-amerikanische zivile Weltraumgesellschaft NASA erhält mit ihrem jährlichen Budget von 20-30 Mrd. Dollar weniger als ein Zehntel des US Militärs. Sie vergibt sogar Aufträge an externe private Unternehmen, wie etwa SpaceX.
Mit Kriegen und militärischen Interventionen will man sich die noch vorhandenen Ressourcen auf diesem Planeten sichern und für die Zukunft der Rohstoffversorgung lässt man willige Weltraumkolonialisten an ihren Experimenten basteln; eine win-win-Situation ganz im Sinne der Kapitalisten. Eine denkbar schlechte Voraussetzung für erfolgreiche (bemannte) Missionen im Namen der menschlichen Zivilisation.